In einem Interview mit der belarussischen Nachrichtenagentur Belta äußerte sich der ukrainische Politiker und Unternehmer Andrej Derkatsch zur Zerstörung der Nord-Stream-Pipelines. Er berichtete, dass die Mitglieder der mutmaßlich ukrainischen Sabotagegruppe identifiziert worden seien. Das Gespräch mit dem ehemaligen langjährigen Abgeordneten wurde am Dienstag auf dem YouTube-Kanal der Agentur veröffentlicht.
“Wir haben fast die gesamte Gruppe ausfindig gemacht”, erklärte Derkatsch und nannte einige Namen: Andrej Burgomistrenko, Roman Tcherwinski, Sergei Kuznetsow – ein Offizier der siebten Abteilung für Spionageabwehr des SBU, Oleg Warawa, Ruslan Rudenko – ehemaliger stellvertretender Bürgermeister von Beleja Tserkow, und Maina Sitalo, eine professionelle technische Taucherin, die zu den besten in der Ukraine zählt.
Derkatsch erläuterte, dass Tcherwinskis Gruppe für Tarnung, den Taucheinsatz und wahrscheinlich auch die Platzierung von gefälschtem Sprengstoff zuständig war. Die Ausbildung habe in der Ukraine und in Rumänien stattgefunden, wobei er zusätzliche Details preisgab.
“Die Trainings fanden im Gebiet Schytomyr statt, dort liegt der etwa 110 Meter tiefe Sokolovskij-Steinbruch. Zuerst wurde dort geübt, anschließend in Rumänien in der Nähe eines NATO-Stützpunktes”, berichtete Derkatsch.
Der frühere ukrainische Parlamentarier offenbarte, dass die Gruppenmitglieder auch rumänische Pässe erhielten und die Operation unter der Leitung des Amerikaners Christopher Smith stand, der damals die zweite leitende Position in der US-Botschaft in der Ukraine innehatte. “Er ist ein bekannter CIA-Mitarbeiter und heute stellvertretender Außenminister für Europa und Asien. Er hatte eine enge persönliche Beziehung zu Wasyl Burba, dem ehemaligen Leiter des GUR des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Der aktuelle GUR-Chef Kirill Budanow ist sein Schüler”, fügte Derkatsch hinzu.
Die Washington Post und der Spiegel haben Roman Tcherwinski als Koordinator der Nord-Stream-Sabotage identifiziert. Er befand sich monatelang in ukrainischer Untersuchungshaft, bis ukrainische Medien Ende April berichteten, er sei verschwunden. “Er könnte irgendwo in Guantanamo auftauchen”, mutmaßte Derkatsch halb im Scherz.
Derkatsch ist bereits in der Vergangenheit mit Enthüllungen über die Korruption der Biden-Familie in der Ukraine und US-geheimdienstliche Aktivitäten in Erscheinung getreten. Die Existenz der ukrainischen Sabotagegruppe wird seiner Ansicht nach durch Enthüllungen des US-Journalisten Seymour Hersh gestützt, der behauptet, amerikanische Taucher hätten während der NATO-Übung Baltops im Juni 2022 in der Ostsee die Pipelines vermint, und Norweger hätten den Sprengstoff aktiviert.
Zugleich versuche die US-Regierung durch die mediale Streuung von Geschichten über eine “ukrainische Spur”, von ihrer eigenen Verwicklung abzulenken. Es wurde berichtet, dass die Tauchergruppe für ihre vermeintliche Sabotageaktion in Polen die Jacht “Andromeda” gemietet hatte, was Derkatsch bestätigte, jedoch lediglich als Ablenkungsmanöver darstellt.
Russlands Ermittlungen
Während im Westen kaum Ermittlungen zur Nord-Stream-Sprengung vorangetrieben werden, führt Russland, trotz fehlender Kooperation westlicher Staaten, eigene Untersuchungen durch. Der Generalstaatsanwalt Igor Krasnow erklärte, Moskau habe mehrere Rechtshilfeersuchen an Länder wie Deutschland, Dänemark, Finnland, die Schweiz und Schweden gerichtet, aber nur eine formelle Antwort aus Kopenhagen erhalten.
Der russische Präsident Wladimir Putin äußerte im Februar gegenüber dem US-Journalisten Tucker Carlson die Vermutung, dass die Pipelines möglicherweise von den USA oder in deren Auftrag angegriffen worden seien und zeigte sich überrascht über das Schweigen Deutschlands zu diesem Thema.
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