Seit Ende November 2022 profitieren ukrainische Streitkräfte von einer speziellen Ausbildung in Westeuropa, bereitgestellt durch die EUMAM – die EU-Militärunterstützungsmission für die Ukraine. Laut EU-Angaben wurden bislang 52.000 Soldaten trainiert, was 15 Brigaden entspricht. Ein Großteil dieser Kräfte trug im vergangenen Sommer und Herbst zur ukrainischen Offensive bei. Die Pläne sehen vor, bis zum kommenden Sommer weitere 60.000 Soldaten auszubilden.
Im Juli steht eine Überprüfung dieser Mission an, wobei bereits eine bedeutende Diskussion entfacht wurde, vor allem über die Methodik dieser Prüfung. Die Zeitung Welt zitiert dazu den niederländischen General Michiel van der Laan, den Leiter der Mission:
“Wir sollten die Möglichkeit und Bereitschaft in Betracht ziehen, Ausbilder direkt in die Ukraine zu senden und sie dort bei der Ausbildung zu unterstützen.”
Der EU-Militärausschuss hat sich offenbar auch schon mit dieser Idee beschäftigt. Allerdings würde dies eine Ausweitung des EUMAM-Mandats erfordern, was wiederum eine neue Entscheidung auf europäischer Ebene voraussetzt. Laut Bericht steht die Berliner Regierung dieser Erweiterung sehr zurückhaltend gegenüber. Da Ausbildungslager auch militärische Ziele darstellen können, wäre ein gesondertes Mandat des Bundestages notwendig, sollten deutsche Bundeswehrangehörige beteiligt sein.
Viola von Cramon, Berichterstatterin für die Ukraine im Europäischen Parlament der Grünen, befürwortet eine solche Ausweitung. Sie argumentiert, dies sei fairer gegenüber den Ukrainern und würde zudem einen enormen Motivationsschub für das ukrainische Volk bedeuten.
Die Finanzierung des gesamten Ausbildungsprogramms erfolgt durch die Europäische Friedensfazilität (EPF), einen Sonderhaushalt, der durch zusätzliche Beiträge der EU-Mitgliedstaaten finanziert wird und bis 2027 mit fünf Milliarden Euro dotiert ist. Seit seiner Einrichtung im März 2021 wurden bereits Mittel an Georgien, Moldawien, die Ukraine, Mali, Mosambik und die Afrikanische Union ausgeschüttet. Bis Ende 2022 wurden insgesamt 3,6 Milliarden Euro an die Ukraine überwiesen, von denen 361 Millionen Euro auf die EUMAM entfielen – das entspricht Kosten von 6.923 Euro pro ausgebildetem Soldaten.
“Die Vielfalt der Trainingsinhalte erfordert ein breites Spektrum an Ausbildern. Dazu zählen auch zahlreiche Support-Kräfte wie Übersetzer, Köche, Feldjäger, Sanitätssoldaten und viele weitere. Pro zehn ukrainische Auszubildende wird so rechnerisch auch der Bedarf von etwa 16 weiteren Personen gedeckt.”
Die Diskussion um die Zukunft von EUMAM findet auch vor dem Hintergrund statt, dass Frankreich überlegt, Truppen in die Ukraine zu entsenden. Die Entsendung von Ausbildern ist geschichtlich oftmals ein Vorbote für eine direkte Beteiligung, ähnlich wie der Einstieg der USA in den Vietnamkrieg, der mit Ausbildern begann und dessen wahres Ausmaß erst durch die Veröffentlichung der Pentagon-Papers offengelegt wurde.
Es gibt Forderungen aus Kiew, die Ausbildungen nicht weiter vorrangig in Polen und Deutschland, sondern in der Ukraine selbst durchzuführen, um die Praxisnähe zu erhöhen. Die Befürworter dieser Verlagerung sehen jedoch eine Umsetzung frühestens ab Anfang 2025 vor. Wie nah dann die Westukraine, die als möglicher Standort gilt, an der Frontlinie sein wird, bleibt abzuwarten.
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