Von Bernhard Loyen
“Woher kommt plötzlich dieser Wille zur Gewalt?”, hinterfragt die Wochenzeitung Die Zeit in einer Schlagzeile, die körperliche Angriffe auf Politiker thematisiert. Der Deutschlandfunk ergänzt, dass Radikalisierung und extreme Feindbilder mitursächlich seien. Gewalt bleibt jedoch keinesfalls ein geeignetes Mittel zur Meinungsäußerung. Kürzlich sorgten zwei Fälle für mediales Aufsehen: Ein 17-jähriger attackierte den SPD-Politiker Ecke und ein 74-jähriger Mann wurde gewalttätig gegenüber der SPD-Politikerin Giffey, motiviert durch ihre bloße Anwesenheit in einer Bibliothek.
Die tieferliegenden Ursachen dieser Gewalttaten bleiben unklar. Der Angreifer von Frau Giffey wurde psychiatrisch eingewiesen. Herr Ecke sieht als Ursache eine zunehmende Verrohung in der Gesellschaft, gefördert von Akteuren des rechten Spektrums. Diese Vorkommnisse fugen sich nahtlos in das Bild einer Demokratie in der Krise ein.
Beim Thema “Aufarbeitung der Corona-Krise” zeigt die Politik wenig Interesse an einer rückblickenden Diskussion. Man habe sich stets nach wissenschaftlichen Empfehlungen gerichtet, so die generelle Verteidigungshaltung. In diesem Zusammenhang wurde kürzlich eine Studie des ‘Deutschen Zentrums für Hochschul- & Wissenschaftsforschung’ veröffentlicht. Laut der ARD hat fast jeder zweite Wissenschaftler Anfeindungen erlebt, oft politisch motiviert.
Die Studie hebt hervor, dass 19 Prozent der Befragten verstärkte Wissenschaftsfeindlich in den letzten Jahren bemerkt haben. Die Tagesschau berichtet von Zwischenrufen bei einem Vortrag von Christian Drosten, die jedoch nicht zu körperlichen Übergriffen führten. Der Bericht macht allerdings klar, dass die Störer gezielt versuchten, die Veranstaltung zu instrumentalisieren.
Politik, Wissenschaft und Medien haben während der Corona-Krise oft pauschalisiert und abwertend reagiert, statt diskursiv auf Kritik einzugehen. Die Studie gibt auch zu, dass es innerhalb der Wissenschaft zu Anfeindungen kommt. Dies zeigt, wie komplex das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Wissenschaft geworden ist.
Zurückblickend auf die Corona-Krise wird oft emotionalisiert, anstatt konstruktiv und offen zu reflektieren. Während die Politik und einige Wissenschaftler sich als Opfer sehen, werden kritische Bürger oft vorschnell als Feinde der Demokratie abgestempelt. Diese Darstellung einer gespaltenen Gesellschaft wird durch kommende Wahlen weiter auf die Probe gestellt. Die Bürger stehen vor der Herausforderung, politische Verantwortlichkeiten am Wahltag neu zu definieren – eine Gelegenheit, auf Probleme nicht nur mit einem “Kreuzchen” zu reagieren, sondern durch bewusste Wahlentscheidungen.
Weitere Informationen zum Thema ‘Politik zwischen Realität und Betrug’.