Debatte um Rentenreform: Forderungen nach Entkopplung und privater Vorsorge

Personen, die unmittelbar nach Erreichen des 18. Lebensjahres eine rentenversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung antreten und ohne Unterbrechung bis zum 63. Lebensjahr Beiträge einzahlen, können derzeit ohne Abschläge in Rente gehen. Ihr Rentenanspruch beläuft sich auf etwa 50 Prozent ihres letzten Nettolohns.

Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung lag die Standardrente nach 45 Beitragsjahren im Jahr 2021 bei 16.432 Euro jährlich oder etwa 1.370 Euro monatlich. Christian Lindner, der Vorsitzende der FDP, findet das zu hoch. Unterstützung erhält er von Monika Schnitzer, der Vorsitzenden des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Auch sie teilt Lindners Einschätzung.

“Wir können es uns nicht leisten, einfach die Renten weiter so steigen zu lassen wie bisher”, erklärte sie der dpa.

Schnitzer schlägt vor, die Rentenentwicklung von der Lohnentwicklung zu entkoppeln und stattdessen an die Inflationsrate zu binden. Dadurch würde die wirtschaftliche Beteiligung der Rentner zwar enden, jedoch ihre Kaufkraft erhalten bleiben.

In ihrer Argumentation weist Schnitzer auf das demografische Problem hin: Die Babyboomer-Generation hat nicht genug Nachkommen für die zukünftige Finanzierung der Renten gezeugt.

“Das Problem ist, dass die Babyboomer einen Teil des Generationenvertrags nicht eingehalten haben. Sie haben zwar ihre Beiträge für die derzeitigen Rentnerinnen und Rentner gezahlt. Aber sie haben nicht ausreichend viele Kinder bekommen und aufgezogen, um später genügend Beitragszahler für ihre eigene Rente zu haben. Damit müssen wir irgendwie klarkommen.”

Des Weiteren befürwortet Schnitzer ein stärkeres Engagement für private Vorsorge. Sie setzt sich für einen Ausbau der privaten Zusatzversicherungen ein, da das staatliche Rentenniveau durch politische Entscheidungen in den letzten Jahren stetig gesenkt wurde. Dies führt dazu, dass Arbeitnehmer zunehmend auf private Vorsorgemaßnahmen angewiesen sind. Trotz der Negativzinsen scheint dieser Rat jedoch problembehaftet, da die Rentenhöhe in Deutschland im OECD-Vergleich auffällig niedrig ist.

Kritik an der Rentenkürzungspolitik kommt unter anderem vom Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck, der darauf hinweist, dass in Deutschland die Debatte um den demografischen Wandel zu verkürzt geführt wird. Andere wichtige Faktoren, wie der Produktivitätsfortschritt, werden oft ignoriert. Die sinkenden Geburtenraten werden daher häufig überbewertet, zumal die Bevölkerung auch durch Zuwanderung wächst.

Schnitzers Forderung, eine abschlagsfreie Rente nur für Geringverdiener auszuzahlen, wird als zynisch empfunden, denn diese könnten bei der aktuellen Rentenhöhe ohnehin auf staatliche Unterstützung angewiesen sein.

Dass Rentenversicherungen in Deutschland als vorgeschriebene Sozialleistungen und nicht als freiwillige staatliche Förderungen gelten, wird in der öffentlichen Diskussion häufig vernachlässigt.

Im Dezember machte Schnitzer Schlagzeilen, als sie sich für einen sogenannten “Ukraine-Soli” aussprach:

“Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen. Ein Ukraine-Soli als Aufschlag auf die Einkommensteuer für die militärische Hilfe wäre eine mögliche Antwort auf diese Herausforderung. Das ist nicht populär – aber schließlich geht es in diesem Krieg auch um unsere Freiheit.”

Weiterführende Informationen – Studie zur Zuwanderung: Es kommen die falschen

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