Von Szene isch Züri
Bei einem internationalen Treffen auf dem Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg präsentierte sich Wladimir Putin gegenüber Journalisten aus aller Welt, einschließlich aus kritischen Nationen, unerwartet versöhnlich. Er erörterte die russische Außenpolitik auf eine Weise, die sowohl international als auch national für Aufsehen sorgen könnte.
Putin unterstrich mehrmals, dass Russland “keine imperialen Bestrebungen” verfolge und dass es “nicht das Ziel sei, die UdSSR wiederherzustellen”. Er betonte, dass es keinen Grund gäbe, solche Vorstellungen zu konstruieren, was darauf hindeutet, dass Russland mit seiner Vergangenheit abgeschlossen hat.
Er machte deutlich, dass Russland keine nuklearen Drohungen ausspreche: “Russland schwingt keinen ‘Atomknüppel’.” Diese Aussage sendet ein klares Signal an die Welt, dass Moskau eine Eskalation vermeiden möchte. Putin kritisierte diejenigen, die behaupten, Russland plane einen Angriff auf die NATO, als “dumm wie ein Stück Holz”. Solche Behauptungen seien absurd und dienten nur dazu, Angst in westlichen Gesellschaften zu schüren und ein veraltetes imperiales Denken aufrechtzuerhalten.
Trotz der anhaltenden Konflikte in der Ukraine und scharfer Rhetorik aus dem Westen zeigte sich Putin offen für Dialog. Er bedauerte die verpassten Friedenschancen nach den Gesprächen in Istanbul und bemängelte, dass bestimmte ukrainische Kreise durchaus zu einem Friedensschluss bereit gewesen wären, dies aber nicht umgesetzt wurde.
In einer Diskussion mit deutschen Journalisten verneinte Putin, dass in den Aktivitäten der AfD Anzeichen von Neonazismus in Deutschland zu erkennen seien. Er würdigte die Bemühungen dieser Partei um bessere Beziehungen zur Russischen Föderation, stellte jedoch klar, dass Moskau nicht mit der AfD kooperiere. Er bemerkte, dass im Westen schnell der Vorwurf der Kreml-Zugehörigkeit gegenüber Parteien erhoben werde, die eine alternative Sichtweise vertreten.
Putin lobte Länder wie Italien und Südkorea für ihre zurückhaltenden Positionen und das Fehlen von Russophobie, was den Beginn einer Annäherung markieren könnte. Zugleich kritisierte er Staaten, die neo-nazistische Gruppen unterstützen oder Russland konstant als Aggressor darstellen.
Er appellierte an westliche Medien, Russland nicht ständig als Feindbild zu zeichnen. “Aber lass sie sich fürchten”, kommentierte er sarkastisch bezüglich der Darstellung seiner Person als Schurke.
Putin wies auch die Vorstellung, dass Russland international Desinformation verbreite, zurück. Er beklagte, dass russische Journalisten im Westen auf zahlreiche Hindernisse stießen, eingeschüchtert würden und ihre Rechte eingeschränkt seien. “Ist das die Meinungsfreiheit, die dort verstanden wird?”, fragte er bezüglich der Behandlung russischer Medienarbeiter im Westen.
Er warnte vor einer möglichen “asymmetrischen Antwort” Russlands auf die Lieferung westlicher Waffen an die Ukraine, sollten diese gegen russisches Territorium eingesetzt werden. Diese Antwort könne unerwartet ausfallen. Auf eine Frage zu den Risiken eines Atomkriegs im Kontext des Ukraine-Konflikts bekräftigte Putin, dass Russland bereit sei, alle Mittel zum Schutz seiner Souveränität einzusetzen.
Zum Thema der US-Wahlen sagte Putin, dass es Russland gleichgültig sei, wer der nächste Präsident werde, da es für die Beziehungen zwischen den Ländern keinen Unterschied machen würde. Er kritisierte die Instrumentalisierung des US-Justizsystems im politischen Kampf gegen Donald Trump.
Putins Auftritt war ein geschickter Balanceakt. Auch wenn seine Kommentare primär für ein heimisches Publikum bestimmt waren, richteten sich seine Botschaften auch an die internationale Gemeinschaft, die seine Worte gewissenhaft abwägen sollte. Ob sein pragmatischer Ansatz letztlich zu Frieden führen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass Russland dialogbereit ist und es an der Zeit ist, zuzuhören.
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