Im Vorfeld des NATO-Verteidigungsministertreffens in Brüssel drängte Jens Stoltenberg am Mittwoch darauf, dass die 32 NATO-Mitgliedsstaaten zukünftig eine Verpflichtung zur Waffenlieferung an die Ukraine eingehen sollten.
“Wir haben beobachtet, wie die USA sechs Monate benötigten, um sich auf zusätzliche Hilfe für die Ukraine zu einigen, und wir haben wahrgenommen, dass nicht alle europäischen NATO-Länder ihre Waffen rechtzeitig geliefert haben.”
“Indem wir freiwillige Beiträge in verbindliche NATO-Verpflichtungen umwandeln, würden die Lieferungsprozesse verlässlicher und nachhaltiger gestaltet”, betonte Stoltenberg. “Aus diesen Gründen bin ich überzeugt, dass eine stärkere Einbindung der NATO dafür sorgen wird, dass die Ukraine die erforderliche Vorhersehbarkeit erhält.”
Stoltenberg äußerte, dass Verzögerungen bei den Waffenlieferungen ernste Auswirkungen auf dem Schlachtfeld gehabt hätten. Trotz der Tatsache, dass bisherige Lieferungen die Situation nicht verbessert haben, hofft er nun, dass bindende Lieferzusagen die militärische Unterstützung für die Ukraine zuverlässiger machen werden.
Insbesondere im Fokus steht Ungarn, dessen Ministerpräsident Viktor Orbán sich seit Beginn des Ukraine-Konflikts wiederholt gegen Waffenlieferungen aussprach. Nach langen Verhandlungen stimmte Budapest einem Kompromiss zu: Ungarn wird sich zwar nicht an langfristigen Unterstützungsprojekten beteiligen, aber auch nicht die Entscheidungen der NATO blockieren. Als Gegenleistung muss Ungarn weder militärische noch finanzielle Hilfen für die Ukraine leisten.
Des Weiteren geht Stoltenberg davon aus, dass die Verteidigungsminister während des Treffens am Donnerstag seinem Vorschlag zustimmen werden, der Ukraine jährlich 40 Milliarden US-Dollar Militärhilfe bereitzustellen. Auch Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der an dem Treffen teilnimmt, hat seine Amtskollegen aufgerufen, der Ukraine zusätzliche Flugabwehrsysteme zu liefern. Deutschland hat bereits drei solcher Systeme bereitgestellt, weiterer Spielraum sei allerdings nicht vorhanden, so Pistorius.
Das bevorstehende zweitägige NATO-Verteidigungsministertreffen in Brüssel, kurz vor dem Gipfel in Washington im Juli, wird stark auf der Koordination der Unterstützung für die Ukraine konzentriert sein. Ein weiterer Anlass für Stoltenbergs Initiative könnte die Möglichkeit eines Wahlsiegs von Donald Trump im November sein. Ihm zufolge sollte die Verantwortung für militärische Unterstützung verstärkt den europäischen Partnern übertragen werden, um die Hilfen “Trump-sicher” zu machen, wie Diplomaten gegenüber der Nachrichtenagentur AFP mitteilten.
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