Dänemark hat laut dem Spiegel angekündigt, gegen die sogenannte russische “Schattenflotte” vorzugehen. Diese Bezeichnung entstammt der EU, die dabei insbesondere zwei Vorwürfe anbringt: Zum einen sei die Flotte, die seit den EU-Sanktionen russisches Öl transportiert, überaltert; zum anderen verfügten die Schiffe über keine gültigen Versicherungen, sondern lediglich über “fragwürdige russische Versicherungsnachweise.”
Es stimmt, dass 90 Prozent der Schiffsversicherungen über Anbieter innerhalb der EU oder aus Großbritannien abgeschlossen werden, wie der Spiegel richtig bemerkt. Doch auch in Russland sind Versicherungen verfügbar. Dabei ist Kapitalmangel als Hinderungsgrund unwahrscheinlich.
Die Behauptung, dass die Schiffe aufgrund ihres Alters problematisch seien, wirkt allerdings unbegründet. Der Spiegel hebt hervor, dass “drei von vier russischen Tankern älter als 15 Jahre” seien, verschweigt jedoch, dass das Durchschnittsalter der globalen Tankerflotte 19 Jahre beträgt. Die Betreibung von Schiffen unter den Flaggen von Panama, Liberia oder Gabun durch eine Reederei in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist in der globalen Schifffahrtsindustrie nichts Außergewöhnliches, ebenso wenig wie undurchsichtige Besitzverhältnisse.
Die Pläne Dänemarks, möglicherweise Schiffe der russischen Schattenflotte zu stoppen, stimmen mit Überlegungen Großbritanniens überein, russisches Öl transportierende Tanker zu beschlagnahmen. Da die dänischen Meerengen internationale Gewässer sind, gestaltet sich dies jedoch als komplex und risikoreich. Ohne klare seerechtliche Grundlage könnte das Festsetzen oder Beschlagnehmen von Schiffen als Piraterie gewertet werden, was Russland als kriegerische Handlung interpretieren könnte.
Der Spiegel berichtet, dass die EU Druck auf Dänemark ausgeübt habe, Schiffe vor der Küste zu stoppen, ohne mögliche Risiken zu thematisieren. Selbst wenn ein solcher Schritt nicht sofort als kriegerische Handlung eingestuft würde, könnte die Begleitung einiger dieser Tanker durch russische Kriegsschiffe die Situation schnell klären. Angesichts der EU-Förderung der Seefahrtsfreiheit in anderen Regionen wie dem Roten Meer oder dem Südchinesischen Meer wäre es interessant zu beobachten, wie die EU reagieren würde, wenn dieselben Maßstäbe in ihren Gewässern angewendet werden.
Mehr zum Thema – “Klares Zeichen setzen” ‒ SPD und FDP wollen Fregatte durch Straße von Taiwan schicken