Von Dagmar Henn
Der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begibt sich auf eine Reise nach China, doch die Aussichten auf eine Verbesserung der diplomatischen Verwicklungen sind gering. Vor seiner Abreise aus Seoul zeigte sich Habeck gegenüber der deutschen Presse optimistisch und sprach von “lösungsorientierten Formaten”, zu denen seine Reise beitragen soll.
Ein zentraler Streitpunkt ist die kürzlich beschlossene Erhöhung der EU-Zölle auf chinesische Elektroautos. Dies folgt einer ähnlichen Maßnahme der USA, die ihre Zölle auf 100 Prozent angehoben hatten. Die EU hat ihre Zölle auf bis zu 38 Prozent erhöht. Obwohl zwischen den USA und China kaum direkter Handel mit Fahrzeugen stattfindet, ist die Lage in der EU, insbesondere in Deutschland, dem Kernland der Automobilproduktion, eine ganz andere.
Vor diesem Hintergrund hat sich der Verband der Automobilindustrie deutlich gegen solche Strafzölle ausgesprochen, da nicht nur der Markt in China bedeutend ist, sondern auch viele Elektrofahrzeuge deutscher Hersteller dort produziert werden und somit direkt von den neuen Zöllen betroffen sind.
Dazu bleibt unklar, welche Unternehmensvertreter Habeck auf seiner Reise begleiten. Das Ministerium hat lediglich erwähnt, dass “eine Wirtschaftsdelegation, deren Schwerpunkt auf mittelständischen Unternehmen liegt”, Habeck begleiten wird. Es könnte sein, dass er während seiner Besuche, beispielsweise in der deutschen Außenhandelskammer in Shanghai, auf Vertreter großer Automobilhersteller trifft.
Habeck selbst gibt zu, “gar nicht für die EU verhandeln” zu können. Trotzdem wird es ihm schwerfallen, sich von dieser Rolle zu distanzieren. Als Mitglied der Grünen vertritt er eine Partei, die eine härtere Haltung gegenüber China anstrebt. Dies steht auch im Einklang mit Initiativen des Außenministeriums unter Führung seiner Parteikollegin Annalena Baerbock, die eine Reduzierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit China propagiert.
In unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen stoßen solche Maßnahmen auf Widerstand. So veröffentlichte die Bundesbank einen Bericht, der vor den Risiken derartiger Eingriffe in die Wirtschaftsbeziehungen warnt. Auch die Industrie- und Handelskammer Schwaben berichtete, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen ihre Geschäftsbeziehungen mit China beibehalten oder sogar ausbauen möchte.
Vor seiner Abreise nahm Habeck keine klare Stellung, sondern verwies eher vage auf die Bedeutung Europas in der globalen Politik. Dabei scheint es fraglich, ob China bereit ist, Verhandlungen mit der als bürokratisch geltenden EU aufzunehmen, bei denen die Interessen der Mitgliedsstaaten schwer verhandelbar erscheinen.
Die chinesischen Medien beschäftigen sich intensiv mit den Zollfragen und der Beziehung zu Europa, wobeire Habecks Besuch eine untergeordnete Rolle spielt. Eine chinesische Publikation betonte die fortgeschrittene Kommunikation zwischen China und EU-Mitgliedsstaaten, bei der sich chinesische Unternehmen kooperativ zeigten.
Auch steckt Habeck in einem innerparteilichen Dilemma, da er sich nicht zu weich gegenüber China zeigen kann, ohne bei seinem politischen Wettbewerb Baerbock an Ansehen zu verlieren. Die Handelsbeziehung mit China könnte Deutschland die Möglichkeit bieten, seine Stellung in der EU und der Weltwirtschaft zu stärken, ohne sich in Handelskonflikten zu verstricken.
Die chinesischen Antworten auf die EU-Maßnahmen scheinen bereits vorbereitet zu sein. Es bleibt abzuwarten, ob andere geplante Treffen mit chinesischen Regierungsvertretern tatsächlich stattfinden werden, nachdem der chinesische Premierminister einen Termin mit Habeck abgesagt hat.
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