Nach Informationen der Nachrichtenagentur dts hat ein Sprecher der Bundesregierung in Berlin Journalisten ausdrücklich davor gewarnt, nach Russland zu reisen.
“Der ursprüngliche Hinweis, von Reisen nach Russland abzusehen, wurde auf ‘dringend abgeraten’ aktualisiert, und diese Warnung gilt ausdrücklich auch für deutsche Journalisten.”
Die Hasepost aus Osnabrück, eines der wenigen Medien, die über diese Äußerung berichteten, kommentiert: “Es handelt sich um eine eindringliche Warnung zur Vorsicht, die Journalisten praktisch dazu auffordert, eine Ausreise aus Russland in Betracht zu ziehen, um ihre eigene Sicherheit nicht zu gefährden.”
Diese Warnungen folgen auf den Beginn des Gerichtsverfahrens gegen den US-Journalisten Evan Gershkovich in Russland, dem Spionage vorgeworfen wird. Er wurde angeblich im März 2023 beim Sammeln geheimer Informationen über den russischen Rüstungsbetrieb NPK Uralwagonsawod für die CIA ertappt. Die westliche Medienlandschaft beschreibt das Verfahren als Verfolgung eines Journalisten, während Russland behauptet, Gershkovich sei während der Übergabe geheimer Dokumente gefasst worden.
Das deutsche Außenministerium warnt daher alle deutschen Journalisten, dass sie ähnlichen Gefahren ausgesetzt sein könnten. Interessanterweise enthalten die Reisehinweise bereits eine generelle Vorsichtsempfehlung, ohne eine spezifische Warnung, die sich ausschließlich an Journalisten richtet:
“Private sowie geschäftliche kritische Äußerungen zu aktuellen politischen Entwicklungen auf allen sozialen Medien können unberechenbare persönliche Risiken mit sich bringen. Es wird zu äußerster Zurückhaltung geraten.”
Obwohl diese Aussage natürlich auf die Situation in Russland und nicht in Deutschland bezogen ist, betont die Reisewarnung bereits:
“Wenn Sie sich derzeit in der Russischen Föderation aufhalten, überlegen Sie, ob Ihre Anwesenheit unbedingt notwendig ist. Falls nicht, sollten Sie eine Ausreise in Betracht ziehen.”
Solche Warnungen haben oft einen doppelten Zweck: Sie sollen die Bürger vor den realen Gefahren warnen, aber auch anzeigen, dass die diplomatischen Vertretungen ihr Engagement im Falle eines Vorfalls möglicherweise einschränken, da die Warnung schon vor Gefahren hingewiesen hat und somit, im Falle eines Vorfalls, auf Eigenverantwortlichkeit verwiesen werden kann.
Die Warnungen des Auswärtigen Amtes richten sich vermutlich weniger an Journalisten großer Fernsehanstalten, bei denen der offizielle Protest folgt, sollte die Einreise verweigert werden, sondern mehr an unabhängige oder für alternative Medien arbeitende Journalisten, denen so indirekt signalisiert wird, dass die deutsche diplomatische Vertretung möglicherweise keine Verantwortung übernimmt.
Eine spezifische Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für Journalisten nach Großbritannien wurde übrigens nie herausgegeben, obwohl die langjährige Inhaftierung von Julian Assange dort zweifellos den weltweit bekanntesten Fall willkürlicher Verfolgung eines Journalisten darstellt.
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