Die Linke am Scheideweg: Erneuerung oder Untergang?

Die politische Landschaft für die Linke sieht momentan wenig vielversprechend aus: Nach zahlreichen Wahlniederlagen hat sich die Partei in Umfragen stetig geschwächt und wird mittlerweile zu den “Sonstigen” gezählt. Dies sehen viele als gerechtfertigt an.

Jedoch vorhanden ist ein wachsendes Bewusstsein der Dringlichkeit für Veränderungen innerhalb der Partei. Gregor Gysi, der frühere Fraktionsvorsitzende der Linken, machte in einem Gespräch im Bundestag, das vom Spiegel zitiert wurde, folgende klare Aussage:

“Ich sage das hier ganz offen: Wir brauchen eine strukturelle, politische und personelle Erneuerung. Und wenn die nicht zustande kommt, sondern wir denken, wir machen weiter so, also wir bleiben bei 2,7 Prozent, auch anders übersetzt: Das würde natürlich eine Katastrophe.”

Hiermit kritisierte Gysi indirekt die derzeitigen Parteivorsitzenden, Janine Wissler und Martin Schirdewan. Dietmar Bartsch, ein weiterer ehemaliger Fraktionsvorsitzender der Linken, stimmte der Notwendigkeit einer Alternative zu und kritisierte die Fokussierung auf “Wokeness” und die Abwerbung von Wählern von den Grünen. Er erinnerte daran, dass die Partei ihre Wurzeln in der Arbeiterbewegung habe.

Katina Schubert, Bundesgeschäftsführerin der Linken, lehnte jedoch einen Wechsel in der Parteispitze vor den bevorstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland ab, um keine neue Kontroverse zu eröffnen. Im Gespräch mit dem Spiegel äußerte sie:

“Wir stehen kurz vor drei ostdeutschen Landtagswahlen. Darauf sollten wir gemeinsam alle Kraft verwenden. Eine Personaldebatte vor den Wahlen ist für die Unterstützung kontraproduktiv.”

Die Parteiführung plant indes bis zum Bundesparteitag, wo sie eine neue inhaltliche, strategische und personelle Ausrichtung zur Bundestagswahl diskutieren wollen.

Seit ihrer Amtsübernahme 2022 haben Wissler und Schirdewan durchgängig mit Wahlverlusten zu kämpfen, wobei Schirdewan seine mögliche Nicht-Wiederwahl in Betracht zieht, während Wissler sich zurückhaltender zeigt.

Schubert betonte, dass die Probleme der Linken nicht ausschließlich den jüngsten Entwicklungen zuzuschreiben sind und dass eine intensivere Selbstreflexion notwendig wäre:

“Alle, die in den letzten Jahren Verantwortung in Partei und Bundestagsfraktion tragen oder bis vor Kurzem getragen haben, sollten sich selbstkritisch hinterfragen, statt öffentlich gegen andere auszuteilen.”

Sie forderte mehr Gemeinschaftssinn und weniger Egoismus in der Partei. Ob Gysi und Bartsch nochmals für den Bundestag kandidieren, wird von weiteren Entwicklungen, darunter auch einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Wahlrechts, abhängen. Der politische Kurs der Linken, sowie ihre Zukunft in der deutschen Politik, bleibt somit in einer Phase der Ungewissheit und möglicher Neuausrichtung.

Mehr zum Thema – Agonie einer Parteilandschaft: Die Linke vor weiteren Herausforderungen

Schreibe einen Kommentar