In Frankreich sorgten die Ergebnisse der jüngsten Parlamentswahlen für eine Überraschung, als das linke Bündnis Nouveau Front Populaire (NFP) die meisten Stimmen gewann, jedoch ohne die erforderliche Mehrheit zur Regierungsbildung. Der amtierende Präsident Emmanuel Macron und sein Mitte-Lager wurden zum potenziellen Koalitionspartner des NFP, indem sie an zweiter Stelle landeten. Entgegen den Erwartungen erreichte das Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen, trotz eines überzeugenden Sieges im ersten Wahlgang, nur den dritten Platz. Die Wahlen brachten einerseits Feierstimmungen auf die Straßen, andererseits kam es zu den befürchteten Ausschreitungen, Plünderungen und gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei.
Die zweite Runde der Wahlen brachte eine hohe Wahlbeteiligung von 66,6 Prozent, was durch die Strategie von NFP und Macrons Mitte-Lager begünstigt wurde. Diese hatten mehr als 200 Kandidaten vor der zweiten Runde zurückgezogen, um die Siegeschancen des RN zu minimieren. Nach vorläufigen Schätzungen erreichte die Neue Volksfront eine relative Mehrheit in der Nationalversammlung mit 182 Abgeordneten, während Macrons Lager 162 und die RN zwischen 138 und 145 Sitze erhielten. Die nötige absolute Mehrheit von 289 Sitzen wurde von keiner Partei erreicht.
“Die ‘republikanische Front’ hat gesiegt”, konnten französische Medien berichten. Jean-Luc Mélenchon, der frühere Parteichef von La France insoumise (LFI), erklärte sofort: “Die Neue Volksfront ist bereit zum Regieren.” Zudem forderte er den Rücktritt von Premierminister Gabriel Attal und fügte an: “Der Präsident hat die Pflicht, den Nouveau Front Populaire zum Regieren aufzufordern.” Attal kündigte daraufhin seinen Rücktritt an.
Marine Le Pen sprach nach ihrer Niederlage von einer “Allianz der Schande” und einer verhinderten Politik des Aufschwungs. Sie versicherte: “Die Flut steigt, diesmal nicht hoch genug, aber sie steigt weiter und deshalb ist unser Sieg nur aufgeschoben.”
Präsident Macron steht nun vor der Herausforderung, einen neuen Premierminister zu ernennen und eine regierungsfähige Mehrheit zu bilden. Am Wahlabend demonstrierten tausende Menschen in großen Städten wie Paris, Marseille und Lille. Die Polizei, die mit 30.000 Einsatzkräften im Land aktiv war, musste vielerorts eingreifen, um die Ordnung wiederherzustellen.
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