In der Ampelkoalition zeichnet sich ein neuer Konflikt ab: Das vom Verteidigungsminister Boris Pistorius favorisierte Konzept zur Einführung einer modifizierten Wehrpflicht stößt auf Widerstand der Koalitionspartner FDP. In einem Schreiben an das Verteidigungsministerium machen der Finanzminister Christian Lindner und der Justizminister Marco Buschmann klar, dass sie eine allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht aus “finanziellen, volkswirtschaftlichen und rechtlichen Gründen” für undurchführbar halten.
Anstelle der Wiedereinführung einer generellen Wehrpflicht sprechen sie sich für eine Erhöhung der Attraktivität des Soldatenberufes und eine verstärkte Einbeziehung der Reservisten in die Bundeswehr aus. Sie argumentieren, dass für die Implementierung einer neuen allgemeinen Wehr- oder Dienstpflicht umfangreiche und sehr kostspielige Strukturaufbauten notwendig wären.
Lindner und Buschmann weisen zudem auf ökonomische Verluste durch die Einführung einer solchen Pflicht hin. Eine Studie des Ifo-Instituts, die vom Finanzministerium in Auftrag gegeben wurde, prognostiziert:
“Die jährliche Einberufung eines Viertels einer Altersgruppe zur Wehr- oder Dienstpflicht, also etwa 195.000 Personen, würde zu einem Rückgang des Bruttonationaleinkommens um 17,1 Milliarden Euro führen.”
Obwohl sie die von Pistorius vorgeschlagene Erfassung der wehrfähigen Bevölkerung im Verteidigungsfall als vorausschauend ansehen, betonen sie auch:
“Ein darüber hinausgehender Zwang für Teile eines Jahrgangs, sich untersuchen zu lassen oder gar WehrdServicest zu leisten, würde unvermeidlich zu Fragen der Wehrgerechtigkeit führen.”
Als Alternative schlagen Lindner und Buschmann vor, die Bundeswehr zu einem noch attraktiveren Arbeitgeber zu entwickeln und die Reservisten besser in die Armee zu integrieren, da diese über wertvolle Praxiserfahrung und Professionalität verfügen.
Das von Pistorius angestrebte Modell beinhaltet einen grundlegenden Wehrdienst von sechs Monaten mit der Option auf einen bis zu 17 Monate verlängerten freiwilligen Dienst. Dabei soll eine Online-Erfassung eingesetzt werden, durch die junge Männer ihre Bereitschaft und Eignung für den Dienst angeben. Für junge Frauen ist diese Abfrage nicht verpflichtend. Nach den Plänen sollen ab 2025 jährlich 5.000 zusätzliche Wehrpflichtige gewonnen werden, mit der Option, diese Zahl zu erhöhen.
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