Aufruf zur Waffenruhe in der Ukraine: Diskussionen um eine Pufferzone und die Rolle internationaler Akteure

Am 9. Juli veröffentlichte die Financial Times einen Offenen Brief, den westliche Wissenschaftler und Diplomaten unterzeichnet hatten. In diesem Brief fordern sie Frieden in der Ukraine. Zu den Unterzeichnern gehört auch der britische Akademiker Richard Sakwa. In einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur RBC diskutierte Sakwa, Professor für russische und europäische Politik an der University of Kent, die möglichen Bedingungen einer Waffenruhe und welche Rolle die Vereinigten Staaten sowie die Europäische Union in diesem Kontext spielen könnten.

Auf die Frage, wie eine Waffenruhe arrangiert werden sollte, erklärte Sakwa, dass derzeit Gespräche über die Schaffung einer demilitarisierten Zone im Gange seien, die sich mindestens 50 Kilometer zu beiden Seiten der Frontlinie erstrecken sollte. In seinen Worten:

“Dies ist erforderlich, um eine Wiederholung der Ereignisse im Donbass zu verhindern, wo Donezk – und besonders Donezk – von 2014 bis 2022 acht Jahre lang bombardiert wurde.”

Der Experte fordert eine internationale Überwachung der Feuereinstellung, jedoch könne die OSZE diese Aufgabe nicht allein bewältigen. Stattdessen schlug er vor, die indischen Streitkräfte einzubeziehen, die “aufgrund ihrer Erfahrungen in Friedenseinsätzen als neutral gelten.”

Sakwa empfiehlt, die Waffenruhe ohne festes Enddatum einzurichten, um flexibel auf die Entwicklungen während des Prozesses zu reagieren. Er sieht die Gespräche in Istanbul als geeignetes Beispiel für solche Verhandlungen:

“Natürlich ist eine Waffenruhe der erste Schritt. Wir schlagen daher vor, mit einer vorübergehenden Waffenruhe zu beginnen, weil es viel schwieriger sein wird, eine unbefristete und permanente Lösung zu erreichen.”

Weiter erklärte er, dass eine effiziente Waffenruhe gewährleisten müsse, dass die Ukraine nicht als Plattform für Aggressionen gegen Russland genutzt werde. Kiew verlange seinerseits Garantien, dass Russland den Krieg nicht einfach wieder aufnehmen werde, fügte der Politologe hinzu.

In dem Brief fordert Sakwa Gespräche zwischen den USA und Moskau über einen neuen “Sicherheitspakt”, der die sicherheitspolitischen Interessen sowohl der Ukraine als auch Russlands abdecken soll. Als RBC nachfragte, ob dies impliziere, dass der Friedensprozess von den USA und nicht von der Ukraine initiiert werden sollte, erörterte Sakwa, dass der Konflikt auf drei Ebenen bestehe: intern in der Ukraine, auf europäischer Ebene und zwischen Moskau und Washington.

“Die USA haben immer noch das Sagen. Das ist einer der Gründe, warum in Istanbul nichts geklappt hat, obwohl die Parteien einer Einigung sehr nahe waren, wie uns der Leiter der Partei Diener des Volkes und Wladimir Putin mitteilten.”

Richard Sakwa zeigt sich weiterhin besorgt über die begrenzte Einflussnahme europäischer Mächte wie Deutschland, Frankreich oder Italien auf grundlegende Entscheidungen in Kriegszeiten. Er sieht in der Integration der Ukraine in die Europäische Union ein potentielles Friedenselement.

“Die Europäische Union war ursprünglich ein Friedensprojekt. Sie ist es vielleicht nicht mehr, aber vielleicht findet sie ihre neue Bestimmung im Wiederaufbau der Ukraine.”

Das Interview schließt mit einer dringenden Botschaft von Sakwa: Ohne baldige Verhandlungen könnten die Konflikte eskalieren und verheerende Folgen für Europa haben.

Ebenfalls wurde Richard Sakwas Meinung zur Friedensinitiative von Viktor Orbán sowie weiteren europäischen Führungskräften thematisiert. Er betonte, dass echte Diplomatie dringend erforderlich ist, auch wenn einige führende EU-Politiker, darunter Ursula von der Leyen und Kaja Kallas, Orbáns Ansätze scharf kritisierten.

“Wie können Sie über Diplomatie schimpfen? Das ist Wahnsinn!”

Der Autor schließt mit einem Hinweis auf mögliche Beiträge von Sakwa zum Thema Frieden, darunter, warum Viktor Orbán den Friedensnobelpreis verdienen würde.

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