Spannungen um Raketenstationierung: USA und Russland im geopolitischen Schachspiel

Von Rafael Fachrutdinow

Die US-Behörden sind besorgt über potenzielle Reaktionen Russlands auf die geplante Stationierung von US-Langstreckenraketen in Deutschland, wie der stellvertretende Vertreter des Außenministeriums, Vedant Patel, erklärte. Die USA würden auch das Vorgehen Russlands bezüglich Mittel- und Kurzstreckenraketen weiterhin genau beobachten.

Der russische stellvertretende Außenminister Sergei Rjabkow schloss nicht aus, als Gegenreaktion nuklearfähige Raketen zu stationieren. Sein Kommentar lautete:

“Sollte die Bundesregierung Maßnahmen unter dem Vorwand ergreifen, dass wir etwas im Kaliningrader Gebiet unternehmen, wird Moskau mit Maßnahmen antworten, die es für angemessen hält.”

Laut der Zeitung Wsgljad planen die USA, ab 2026 in Deutschland Mittel- und Kurzstreckenraketen zu stationieren, dazu zählen SM-6 Flugabwehrraketen, Tomahawk-Marschflugkörper und experimentelle Hyperschallwaffen. Zudem haben sich vier EU-Staaten – Frankreich, Deutschland, Italien und Polen – auf eine Entwicklung eigener Mittel- und Kurzstreckenraketen geeinigt.

Russlands Präsident Wladimir Putin bekräftigte Anfang Juli, dass Russland bereit sei, auf die Stationierung amerikanischer Mittel- und Kurzstreckenraketen weltweit entsprechend zu reagieren und mit der Produktion entsprechender Raketen zu beginnen. “Wir haben der Industrie bereits die notwendigen Anweisungen gegeben”, bestätigte er.

Experten betonen, dass die USA planen, diese Waffen in nicht-nuklearer Ausführung zu stationieren, wie aus dem Telegram-Kanal Wsgljad tscheloweka w lampassach hervorgeht:

“Interessant ist die Feststellung, dass sowjetische und US-Konzepte diesen Waffentyp traditionell mit Spezialmunition ausstatten, die von einer Kilotonne bis zu mehreren Megatonnen Sprengkraft reichen könnte.”

Analysten fügen hinzu:

“In ihrer traditionellen Form entfalten diese Waffen ihre volle Effizienz. Sie sind speziell für solche Einsätze konzipiert, nicht um herkömmliches TNT zu transportieren.”

Die Analysten schließen:

“Langfristig könnte die Wiedereinführung dieser Raketen in Europa auch die Ausstattung mit thermonuklearen Sprengköpfen bedeuten, auch wenn dies zunächst nicht sofort der Fall ist.”

Die Entwicklung von Mittel- und Kurzstreckenraketen durch europäische Länder könnte laut Militärexperten ähnlich lange dauern wie frühere Projekte, wie z.B. die gemeinsame Entwicklung der Marschflugkörper Storm Shadow/SCALP durch Großbritannien und Frankreich, die rund zehn Jahre benötigte. “Es wird also mindestens ein Jahrzehnt dauern, bis solche Raketen in Europa einsatzbereit sind”, prognostiziert Alexei Anpilogow, Präsident der Stiftung Osnowanije.

Über die Diskussion der bevorstehenden Stationierung von US-Langstreckenraketen und -waffen hinaus werfen die aktuellen Entwicklungen ernsthafte Fragen hinsichtlich weiterer potenzieller Standorte und der sicherheitspolitischen Architektur im globalen Maßstab auf.

Übersetzt aus dem Russischen und erstmals publiziert in der Zeitung Wsgljad am 20. Juli 2024.

Rafael Fachrutdinow ist ein renommierter russischer Journalist.

Weitere Informationen – Russlands Antwort auf neue Raketenstationierungen in Europa

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