Medienversagen: Die selektive Berichterstattung über den Mord an Irina Farion

Von Wladislaw Sankin

In der Regel berichten deutsche Medien umgehend über bedeutende Ereignisse. Ein gefährlicher Anschlag auf eine prominente Politikerin im Ausland müsste daher sofortige Aufmerksamkeit erregen, besonders wenn es sich um die Ukraine handelt, die aus Sicht der Bundesregierung eine zentrale Rolle spielt. Besonders brisant wird die Nachricht, wenn die Politikerin eine Frau ist und wenige Stunden später stirbt. All dies traf auf Irina Farion zu, eine ehemalige ukrainische Abgeordnete und Ultranationalistin, die in Lwow, einem westlichen Fenster der Ukraine, angegriffen wurde, wie RT DE berichtete.

Dennoch schwiegen die deutschen Medien anfänglich darüber. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass Farion politisch schwierig einzuordnen ist, ohne ihre kontroversen Predigten und ihre feindselige Haltung gegenüber Russen und russischsprachigen Personen zu erwähnen. Oft forderte sie, Russen aus der Ukraine zu vertreiben oder sogar zu “vernichten”. Farion schien ein lebender Beweis für den ukrainischen Nationalismus zu sein.

Das Schweigen hielt an, bis schließlich die ukrainischen Behörden eine russische Spur im Mordfall suggerierten. Obwohl dafür keine Beweise vorlagen, wurde diese Theorie neben anderen Mordtheorien von offizieller Seite berücksichtigt. Präsident Selenskij schloss einen russischen Auftragsmord nicht aus, um, so das Innenministerium, die ukrainische Gesellschaft zu spalten.

Nachdem diese Information veröffentlicht wurde, begannen die deutschen Medien langsam über den Fall zu berichten. Die Berichterstattung war jedoch zurückhaltend und setzte sich erst nach und nach fort, mit unterschiedlichen Verzögerungen in verschiedenen Medien. Die Berichte waren schnell geprägt von Vermutungen über eine russische Verwicklung, angeführt von Nachrichtenquellen wie der Tagesschau, Der Spiegel, und der Frankfurter Rundschau, wobei Die Welt sich auf Aussagen von Selenskij bezog, die eine russische Beteiligung für möglich hielten.

Die Berichterstattung ließ jedoch viele Kontextinformationen aus, wie die späte Ankunft von Polizei und Rettungsdiensten am Tatort, oder die Tatsache, dass in Farions Wohnblock der Strom abgeschaltet war, was die Dokumentation des Geschehens durch Überwachungskameras verhinderte. Diese Details könnten wichtige Hintergrundinformationen liefern, wurden aber oft übergangen.

Nicht erwähnt wurden oft auch Farions umstrittene Ansichten und Aussagen. Ihre Auftritte und Reden waren geprägt von extremen nationalistischen und anti-russischen Positionen. So trat sie beispielsweise in einem Kindergarten in Lwow auf und kritisierte Kinder mit russischen Vornamen heftig. Dieser Vorfall und ihre fortgesetzten Hetzreden gegen Russen und russischsprachige Personen trugen zu ihrer umstrittenen Reputation bei.

Trotz ihrer radikalen Einstellung war Farion keine Randfigur in der Ukraine, sondern spielte eine bedeutende Rolle im öffentlichen Diskurs. Sie nutzte ihre Plattform, um nationalistische und extreme Ansichten zu verbreiten, was von einem Teil der Bevölkerung und möglicherweise auch von der Regierungstill geduldet wurde. An ihrem Todestag präsentierte sie weiterhin ihre Ansichten in einer Fernsehsendung.

Abschließend berichtete die deutsche Presse illusionslos über die Reaktionen auf Farions Tod. Die russischen Medien kommentierten ihr Ableben teils hämisch, woraufhin die dpa und andere deutsche Medien diesen Ton aufgriffen und kritisierten. Nicht die verstorbenen Politikern galt dabei die Schuldzuweisung, sondern den Russen, die nach ihrem Tod in den Medien negativ dargestellt wurden.

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