Ukraines strategische Schuldenaussetzung und Restrukturierung inmitten des Konflikts

Wladimir Selenskij hat ein Dekret unterschrieben, das ab 1. August eine zweimonatige Aussetzung der Zahlungen für die Auslandsschulden der Ukraine ermöglicht. Ziel ist es, in dieser Zeit eine Umstrukturierung der Kredite zu erreichen, um einen drohenden Zahlungsausfall zu verhindern.

Letzten Monat erreichte die Ukraine eine vorläufige Einigung zur Neustrukturierung ihrer fast 20 Milliarden US-Dollar schweren Auslandsschulden mit einem Komitee ihrer Hauptanleihegläubiger. Die Vereinbarung sieht einen nominalen Abschlag von 37 Prozent auf die bestehenden internationalen Anleihen vor, wodurch Kiew in den kommenden drei Jahren etwa 11,4 Milliarden Dollar einsparen könnte. Als Gegenleistung plant die Ukraine, neue Eurobonds auszugeben.

Bereits im Jahr 2022 hatte Kiew wegen des verschärften Konflikts mit Russland ein vorläufiges Zahlungsmoratorium vereinbart, das am 1. August 2024 endete.

In Verbindung mit dem neuen Gesetz, welches Kiew das Recht zur Zahlungseinstellung einräumt, dürfen nun auch die Eurobonds von Ukravtodor aus dem Jahr 2021 im Gesamtwert von 700 Millionen US-Dollar samt Zinsen in das Umschuldungsprogramm aufgenommen werden.

Dies stellt die zweite große Schuldenrestrukturierung innerhalb eines Jahrzehnts in der Ukraine dar. Ein vergleichbares Gesetz, das 2015 die Suspendierung von Schuldzahlungen erlaubte, führte zu einer grundsätzlichen Einigung mit den Gläubigern und der finalen Vereinbarung einige Monate später.

Die Gläubiger müssen der aktuellen Umschuldungsvereinbarung noch zustimmen. Es wird erwartet, dass die Abklärung der technischen Details einige Wochen in Anspruch nehmen wird. Ein kurzfristiger Zahlungsausfall würde die langfristige Kreditwürdigkeit der Ukraine weniger stark beeinträchtigen als ein Ausfall ohne Einigung.

Letzte Woche stufte die amerikanische Rating-Agentur Fitch die Kreditwürdigkeit der Ukraine von ‘CC’ auf ‘C’ herab und warnte vor einer bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit. Die Agentur merkte an, dass das Staatsdefizit dieses Jahr mit 17,1 Prozent des BIP hoch bleiben wird und die Verteidigungsausgaben 31,3 Prozent des BIP ausmachen. Für 2024 prognostiziert Fitch einen Anstieg der ukrainischen Staatsverschuldung auf 92,5 Prozent des BIP.

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