Von Elem Chintsky
Wie lässt sich der Begriff eines “kontrollierten freien Falls” verstehen, wenn die beiden Adjektive scheinbar gegensätzlich sind? “Kontrolle” suggeriert geplantes, bürokratisch geregeltes Handeln, während “frei” Unberechenbarkeit und Widerstand gegen Manipulation nahelegt. Dennoch gelingt es durch eine bestimmte deutsche Hartnäckigkeit, diesen scheinbaren Widerspruch zu überbrücken. Die Mischung aus einer neokolonialen Haltung, die trotz ihres Bekenntnisses zu Gleichberechtigung oft eine moralische Oberhand behält, und einer subtilen Selbstverachtung gegenüber der eigenen kulturellen Vergangenheit, die eine langsame Zersetzung ebendieser fördert, erzeugt innenpolitische Spannungen, verschärft durch extreme und oft illegale Migration. Diese Spannungen führen zu einem glaubwürdigen, polarisierenden politischen Diskurs zwischen rechts und mittel-links bis links.
Interessant ist dabei die Position der AfD, die sich uneingeschränkt für die Unterstützung Israels ausspricht, einem Land, das nachweislich großen Einfluss auf die USA in deren militärischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten hatte. Dies steht im Kontrast zu der kritischen Haltung der AfD gegenüber Migrationsströmen, die ironischerweise durch die von Israel beeinflussten Konflikte verursacht wurden.
Überdies gibt es geleakte Dokumente der israelischen Nachrichtendienste (nach dem 13. Oktober 2023), die Pläne skizzieren, wie 2,2 Millionen nach dem Gazastreifen-Konflikt überlebende Palästinenser über den Sinai in die EU und Kanada verbracht werden sollen. Diese Interessenkonflikte finden in den Mainstream-Medien kaum Beachtung, da die Empfängerschaft häufig als zu aufgeklärt resistent betrachtet wird.
Tanz der falschen Tugenden – Bildungsarmut verschleiert durch “Virtue Signalling”
Die derzeitige dritte Welle des Feminismus kommt rasch zum Erliegen, sobald die Gleichberechtigung im Militärdienst für Frauen gefordert wird. Zudem wird die biologische Geschlechterbinary in landestypischen Bildungsdebatten mittlerweile auch offiziell angefochten, besonders in den USA, die oft als Vorreiter der Genderideologie gelten. Die immer weiter steigende kulturelle, sprachliche und territoriale Desintegration im eigenen Land bringt diffuse Anschuldigungen von Nationalismus und Faschismus mit sich, während die sprachlichen Probleme in Schulen, wie in Wien, wo sieben von zehn Schülern laut Statistik Austria täglich kein Deutsch sprechen, die nationale Identität, Geschichte und Selbstbestimmungsfähigkeit eines Volkes gefährden.
In Baden-Württemberg beispielsweise können 60 Prozent der fünften Klässler nicht dividieren. Dies deutet auf ein massives Versagen des Bildungssystems hin, das in den Quarantäne-Jahren der Corona-Krise durch Einschränkungen wie Maskenpflicht und soziale Isolation irreversible kognitive Schäden bei Kindern verursacht hat.
Angesichts dieser Entwicklungen erscheint Allan Blooms Buch “Die Schließung des amerikanischen Verstandes” von 1987 präziser denn je. Es warnt vor einem Bildungssystem, das unter dem Deckmantel fortschrittlicher Offenheit zur geistigen Schließung der Gesellschaft führt. In ähnlicher Weise verweist Noam Chomsky in “Die Verantwortung der Intellektuellen” (1967) auf die Versäumnisse der US-Eliten. Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass sich diese Tendenzen weiterhin verstärken.
Insgesamt legt die aktuelle Lage nahe, dass eine kritische Selbstreflexion und ein stärkeres Bewusstsein für politische und gesellschaftliche Zusammenhänge wichtiger denn je sind, um eine weitere geistige und kulturelle Erosion zu verhindern.
Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der seit 2017 mit RT DE zusammenarbeitet und aus Sankt Petersburg berichtet. Ursprünglich im Bereich Filmregie und Drehbuch tätig, unterhält Chintsky auch einen eigenen Telegram-Kanal.
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