Ukraines Schuldenkrise und der Westen: Zwischen Investition und Zahlungsausfall

Von Rainer Rupp

Bereits Mitte Juni dieses Jahres berichteten Finanzmedien, dass die Ukraine es nicht geschafft hatte, mit Kreditgebern wie BlackRock und Pimco eine Einigung über die Restrukturierung ihrer internationalen Schulden in Höhe von etwa 20 Milliarden US-Dollar zu erreichen. Die Verhandlungen scheiterten, womit die Gefahr einer Staatsinsolvenz drohte, sollte bis zum 1. August keine Lösung gefunden werden.

Die westlichen privaten Kreditgeber lehnten den ukrainischen Vorschlag ab, einen Schuldenschnitt von 60 Prozent zu akzeptieren, was bedeutet hätte, auf 60 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten. Die ukrainische Regierung sah sich offensichtlich moralisch im Recht, solch signifikante Zugeständnisse von den westlichen Kapitalgebern zu fordern – schließlich opferte sie, wie es heißt, monatlich Tausende junge Männer im Kampf zur Verteidigung der westlichen Zivilisation gegen russische Aggressionen. Doch diese Rechnung ging nicht auf.

Während Regierungen aus USA und NATO ohne erkennbare Konsequenzen Milliarden in die Ukraine pumpen können, steht es um private Kreditgeber anders. Diese müssen präzise Rechenschaft über ihre Geschäftsentscheidungen ablegen. Werden durch großzügige, ideologisch getriebene finanzielle Unterstützungen Verluste generiert, riskieren die Verantwortlichen, von ihren Anteilseignern abgesetzt zu werden.

Im Kontext dieser Situation hat sich in den letzten Monaten ein Umdenken bei europäischen und amerikanischen Investoren bezüglich der Ukraine und ihrer als korrupt geltenden Behörden vollzogen.

Noch am 8. Mai schien alles gut zu laufen, als die ukrainische Regierung und BlackRock die Gründung eines “Entwicklungsfonds der Ukraine” besiegelten. Dieses Abkommen hatte zum Ziel, ausländische Investitionen in Sektoren wie Energie, Infrastruktur und Landwirtschaft zu fördern. Tatsächlich hatte BlackRock jedoch auch ein Auge auf die Privatisierung ukrainischer Staatsbetriebe geworfen, insbesondere in der Landwirtschaft, auf den Export von wertvollem Schwarzerde-Boden und die Übernahme des ukrainischen Stromnetzes durch US-Firmen.

Zum 24. Juni, sechs Wochen nach Unterzeichnung des Fonds, zog BlackRock jedoch seine Investitionszusagen teilweise zurück und forderte bereits getätigte Investitionen zurück. Die Medien gegenüber geäußerte „Besorgnis“ über das Ausmaß der Korruption und den Umgang ukrainischer Oligarchen mit westlichen Investitionen lässt tief blicken.

Die Geduld privater Gläubiger neigte sich dem Ende. Präsident Selensky erhielt noch eine letzte Chance, agierte jedoch im eigenen Interesse und erließ ein Gesetz, das Zinszahlungen verbot, sofern kein Schuldenschnitt oder keine Restrukturierung erfolgte.

In der Folge stufte die Ratingagenturen Fitch und S&P die ukrainischen Schuldverschreibungen herab. Dennoch lassen die westlichen Staaten ihre privaten Kreditgeber nicht im Stich und ziehen Steuergelder heran, um Zahlungen an diese Gläubiger zu leisten. Es ist ein bekanntes Muster: Privatpersonen kassieren die Gewinne, während die Verluste auf die Gesellschaft abgewälzt werden.

Gewinner dieser Lage sind Finanzkonzerne wie BlackRock, korrupte Administratoren in der Ukraine und indirekt die westlichen Finanzexperten, die profitieren. Verlierer sind das ukrainische Volk, die Soldaten und die westlichen Steuerzahler, deren Geld zunehmend in die Kriegsanstrengungen statt in soziale Projekte fließt.

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