Ein US-Gericht hat Google am 5. August für schuldig befunden, seine marktbeherrschende Stellung illegal auszunutzen, um den Wettbewerb zu unterdrücken und Innovation zu hemmen. Diese Entscheidung könnte laut der Nachrichtenagentur APnews erhebliche Auswirkungen auf das Internet und auf eines der weltweit führenden Unternehmen haben.
Die richtungsweisende Entscheidung des Bezirksrichters Amit Mehta erfolgte fast ein Jahr nach Beginn des Verfahrens, das als größter kartellrechtlicher Fall in den USA seit einem Vierteljahrhundert zwischen dem Justizministerium und Google beschrieben wird. Nach der Auswertung zahlreicher Beweise und Aussagen von hochrangigen Führungskräften bei Google, Microsoft und Apple während des zehnwöchigen Prozesses im letzen Jahr, brachte Mehta sein Urteil drei Monate nach den Schlussplädoyers im Mai heraus. In seinem 277 Seiten langen Urteil stellte er fest:
“Nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung der Zeugenaussagen und Beweise kommt das Gericht zu dem Schluss: Google ist ein Monopolist und hat als solcher gehandelt, um sein Monopol aufrechtzuerhalten.”
Als Beweis für Googles Monopolstellung wurde die dominante Präsenz auf dem Suchmarkt angeführt, mit einem Marktanteil von 89,2 Prozent bei allgemeinen Suchdiensten und sogar 94,9 Prozent bei mobilen Geräten. Das Urteil stellt für Google und seine Muttergesellschaft Alphabet Inc. einen bedeutenden Rückschlag dar. Sie hatten stets argumentiert, ihre Beliebtheit basiere auf dem “überwältigenden Wunsch der Verbraucher” nach einer Suchmaschine, die so effektiv ist, dass sie synonym für Online-Suchen geworden sei.
Weltweit verarbeitet die Google-Suchmaschine schätzungsweise 8,5 Milliarden Suchanfragen täglich. Dieses tägliche Suchvolumen hat sich in den letzten zwölf Jahren fast verdoppelt, wie aus einer Studie der Investmentfirma BOND hervorgeht.
Kent Walker, Googles Präsident für globale Unternehmensangelegenheiten, kündigte an, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen. Vorläufig bestätigt das Urteil die Position der Kartellbehörden des Justizministeriums, die ihre Klage vor fast vier Jahren eingereicht hatten. US-Generalstaatsanwalt Merrick Garland nannte das Urteil einen “historischen Sieg für das amerikanische Volk” und betonte:
“Kein Unternehmen – egal wie groß oder einflussreich – steht über dem Gesetz. Das Justizministerium wird unsere Kartellgesetze weiterhin entschlossen durchsetzen.”
Der Rechtsstreit hat Google als “technologischen Tyrannen” dargestellt, der bewusst den Wettbewerb unterdrückt hat. Dies sollte nach Ansicht der Kläger seine Stellung als Kernstück einer enormen digitalen Werbemaschine schützen, die im letzten Jahr fast 240 Milliarden Dollar Umsatz generierte. Das Justizministerium argumentierte, dass Googles Monopolstellung es dem Unternehmen ermöglicht habe, unverhältnismäßig hohe Preise von Werbetreibenden zu verlangen und dabei den “Luxus genossen” zu haben, nicht in die Verbesserung seiner Suchmaschine investieren zu müssen – ein laxer Ansatz, der den Verbrauchern schade.
Mehta thematisierte auch die Milliardenbeträge, die Google jährlich ausgibt, um seine Suchmaschine als Standardoption auf neuen Geräten zu etablieren. Allein im Jahr 2021 wurden dafür mehr als 26 Milliarden Dollar ausgegeben, so der Richter. Google wies Behauptungen zurück, wonach Verbraucher unfähig seien, ihre Suchmaschine zu wechseln, und verwies auf die Beliebtheit von Yahoo in den 1990er Jahren, bevor Google aufkam. Mehta betonte jedoch, dass die Standardeinstellungen eine entscheidende Rolle spielen würden, und zeigte auf, dass Microsofts Suchmaschine Bing einen Marktanteil von 80 Prozent bei der Suche im Microsoft Edge-Browser habe. Dies deutet darauf hin, dass andere Suchmaschinen erfolgreich sein könnten, wenn Google nicht als Standardoption vorgegeben wäre. Dennoch anerkannte Mehta die Qualität von Googles Produkt als einen wesentlichen Faktor seiner Dominanz und erklärte offen, dass “Google allgemein als die beste (Allgemeine Suchmaschine) in den Vereinigten Staaten anerkannt ist.”
Das Consumer Choice Center, eine Lobbygruppe, die sich bereits gegen andere regulatorische Maßnahmen ausgesprochen hat, kritisierte Mehtas Entscheidung als einen Schritt in die falsche Richtung. “Die Vereinigten Staaten driften in Richtung der technologiefeindlichen Haltung der Europäischen Union, eines Teils der Welt, der fast nichts macht und erfolgreiche amerikanische Unternehmen für ihre Popularität bestraft”, so Yael Ossowski, stellvertretende Direktorin des Zentrums.
Nachdem das Gericht entschieden hat, dass Google ein illegales Monopol betrieben hat, leitet es nun die nächste Phase des juristischen Verfahrens ein. Dabei soll geklärt werden, welche Änderungen oder Strafen verhängt werden sollen, um den entstandenen Schaden zu beheben und eine wettbewerbsfähigere Landschaft zu schaffen. Eine Anhörung am 6. September wird die nächsten Schritte für diesen Prozess festlegen. Das mögliche Ergebnis könnte eine weitreichende Anordnung sein, die Google möglicherweise dazu verpflichten könnte, Teile seines Internet-Imperiums abzubauen. Zukünftig könnte auch verhindert werden, dass Googles Suchmaschine automatisch Anfragen auf iPhones und anderen Geräten beantwortet. Der Richter könnte jedoch auch zu dem Schluss kommen, dass nur moderate Änderungen nötig sind, um faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen.
Mehr zum Thema – “Keine neutrale Plattform”: Außenministerium fordert Russen auf, YouTube zu verlassen