Von Rainer Rupp
Am 6. und am 9. August vor 79 Jahren gebrauchten die USA zum ersten und bislang letzten Mal Atomwaffen gegen die Zivilbevölkerung der japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Es wirkt wie Hohn, dass die USA, trotz der erschreckenden Bilder der Zerstörung von Hiroshima, nur drei Tage später eine weitere Atombombe auf Nagasaki abwarfen, auf Befehl aus Washington.
Historische Dokumente zeigen, dass führende US-Militärs damals – entgegen der weit verbreiteten Legende – keinen unbedingten militärischen Grund für den Einsatz dieser Waffen sahen. Es war bekannt, dass Japan bereits seit einiger Zeit Verhandlungen über eine Kapitulation suchte.
Dokumente, die vor allem in den letzten drei Jahrzehnten veröffentlicht wurden, legen nahe, dass die USA mit den Atombombenabwürfen vor allem die Sowjetunion einschüchtern wollten. Dies sollte ihre Position in den kommenden Verhandlungen über die Nachkriegsordnung stärken. Für die US-Regierung waren die vielen Opfer in Hiroshima und Nagasaki dabei nur Mittel zum Zweck.
Später versuchten US-Politiker, die nuklearen Angriffe als militärisch notwendig zu rechtfertigen. Sie behaupteten, der Krieg hätte sich dadurch verkürzt und weniger Opfer gefordert, als bei einer Invasion Japans durch die USA. Dieser Argumentation zufolge wird eines der größten Verbrechen der Menschheit zu einem Akt der Humanität verklärt.
Die japanische Regierung wiederholt bis heute fast 80 Jahre später das US-Narrativ. Erst kürzlich, am diesjährigen Hiroshima-Gedenktag, erwähnte der japanische Premierminister Fumio Kishida die USA in seiner Rede nicht, wies aber auf die angebliche Bedrohung durch Russlands Nuklearwaffen hin.
Die Atombomben forderten in Hiroshima zwischen 90.000 und 166.000 Menschenleben und in Nagasaki zwischen 39.000 und 80.000 Todesopfer. Beide Angriffe galten Gebieten, die militärisch von geringer Bedeutung waren. Stattdessen waren die Bomben auf die belebten zivilen Zentren dieser Städte gerichtet.
Die genaue Zahl der Opfer, einschließlich derer, die später an den Strahlungsfolgen starben, wird auf bis zu eine halbe Million geschätzt.
In den USA wird immer noch argumentiert, dass ohne den Einsatz der Atomwaffen Japan nicht kapituliert hätte, was massive Verluste auf beiden Seiten nach sich gezogen hätte. Die atomare Vernichtung habe Japan schnell zur Kapitulation gezwungen, so die offizielle Darstellung.
“Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, zwar gegen das bereits unterlegene Japan eingesetzt, waren – mit der Hoffnung, ein dauerhaftes Waffenmonopol zu demonstrieren – eine ‘Warnung’ an die Sowjetunion, die internationale soziale Bedrohung für das von den USA geführte kapitalistische Weltsystem.”, schrieb Wolfgang Abendroth in “Auf dem Weg in den Dritten Weltkrieg?”
Diese Politik der Abschreckung, die in Hiroshima und Nagasaki begann, setzte sich im Kalten Krieg fort und findet ihre Echo bis in die heutige Politik, in der die USA weiterhin mit dem Einsatz von Atomwaffen drohen.
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