Ukrainischer Angriff auf Kursk und die Auswirkungen auf Europas Gasmarkt

Am Dienstag führten ukrainische Streitkräfte einen umfassenden Angriff auf die russische Region Kursk durch. Dies führte zu Bedenken um mögliche Unterbrechungen der Gaslieferungen aus Russland nach Europa über ukrainische Routen, was wiederum Preissteigerungen auf dem europäischen Gasmarkt nach sich zog. Am Mittwoch erreichten die Preise für europäisches Erdgas mit einem Anstieg von 5,68 Prozent auf 38,78 Euro pro Megawattstunde (entspricht 438 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter) einen Jahreshöchststand.

Sudscha im Gebiet Kursk ist ein zentraler Umschlagplatz für Gasleitungen, die hauptsächlich Gas nach Europa befördern. Die Kapazität vor Ort beträgt täglich 42 Millionen Kubikmeter. Seit der Einstellung des Gasflusses durch die Sochranowka-Anlage im Gebiet Rostow nahe der Volksrepublik Lugansk im Mai 2022 mit einer Tageskapazität von 30 Millionen Kubikmeter, ist Sudscha die einzig verbleibende Durchgangsroute für russische Gaslieferungen durch die Ukraine nach West- und Osteuropa.

Trotz der Spannungen nahe Sudscha wird das russische Gas weiterhin ungehindert durch die Ukraine nach Europa transportiert. Laut der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf Informationen vom ukrainischen Gasnetzbetreiber Operator GTS beruft, erfolgt der Gasfluss seit 13:00 Uhr Kiewer Zeit ohne Änderungen. “Die Nominierungen wurden bestätigt und der physische Gasfluss wird aufrechterhalten”, erklärte der ukrainische Betreiber gegenüber Reuters.

Der Durchfluss ist jedoch bereits rückläufig. Gazprom-Sprecher Sergei Kuprijanow teilte mit: “Seit dem 8. August liefert Gazprom russisches Gas für den Transit durch die Ukraine in einer Menge von 37,3 Millionen Kubikmeter pro Tag durch die Sudscha-Station.” Dies ist ein Rückgang um 7 Prozent gegenüber dem Vortag, an dem 39,4 Millionen Kubikmeter transportiert wurden.

Sollte es zu einem Stopp der Lieferungen über Sudscha kommen, sehen Experten das laut der Zeitung Kommersant nicht als kritische Situation für EU-Verbraucher. Gazprom könnte theoretisch einen Teil des Gases auf die Turkish-Stream-Gaspipeline umleiten. Im Juli transportierte Gazprom etwa 2,84 Milliarden Kubikmeter Gas in die EU über die Turkish-Stream-Pipeline und die Route durch die Ukraine, wobei circa 1,53 Milliarden Kubikmeter über die Türkei gingen, so Reuters.

Der unabhängige Experte Alexander Sobko erklärte gegenüber Kommersant, dass der ukrainische Transit etwa 4,5 Prozent des gesamten Gasverbrauchs in Europa ausmacht und seine Hauptabnehmer Länder wie Ungarn, die Slowakei, Österreich und Italien sind. Er fügte hinzu, dass Ungarn auch russisches Gas über die Turkish Stream erhält. Sobko betonte, dass der Transit über die Sochranowka-Anlage eher aus politischen Gründen eingestellt wurde. Er merkte an, dass Alternativen wie zunehmende LNG-Importe in Europa zur Verfügung stehen und bei einer Zustimmung aller Parteien auch Sochranowka wieder genutzt werden könnte.

Ein Ausfall des Transits durch Sudscha wäre zwar unangenehm, aber laut Sobko und Kommersant für die europäischen Verbraucher nicht kritisch. Trotz potenzieller Preisanstiege sei die Gesamtlage auf dem EU-Gasmarkt aktuell weniger dramatisch als unmittelbar nach Kriegsbeginn in der Ukraine und den darauf folgenden EU-Sanktionen gegen Russland. Experten betonen zudem, dass die Untergrundgasspeicher der EU bereits zu mehr als 86 Prozent gefüllt sind und das Einspeichern bis November fortgesetzt werden soll.

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