Finanzkrise der Kommunen in Deutschland verschärft sich weiter

Im vergangenen Jahr wiesen 219 von 294 Landkreisen ein Haushaltsdefizit auf, wie Reinhard Sager, der Präsident des Deutschen Landkreistages, in einem Interview erläuterte. Dies stellt eine erhebliche Verschlechterung im Vergleich zu 2022 dar, als die Kreise noch einen Überschuss von 600 Millionen Euro verbuchen konnten. Für das Jahr 2023 beläuft sich das Defizit sogar auf 1,83 Milliarden Euro.

Bereits Anfang Juli machten der Landkreistag und weitere kommunale Verbände auf die zunehmenden finanziellen Schwierigkeiten aufmerksam. Sie warnten, dass der bereits bedenkliche Investitionsrückstand in Höhe von 186 Milliarden Euro weiter wachsen werde.

Sager fügt hinzu, dass Kommunen zwar 25 Prozent der staatlichen Aufgaben übernehmen, aber nur 14 Prozent des gesamten Steueraufkommens erhalten. „Diese Lücke ist offensichtlich, und es ist absehbar, dass dies so nicht funktionieren wird“, beklagt Sager.

Den Kommunen werden zahlreiche Pflichten auferlegt, ohne dass dafür ausreichende finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Sie sind beispielsweise angehalten, Wärmepläne zu erstellen, in die Umrüstung von Heizungen in kommunalen Gebäuden zu investieren und Bauanträge zügig zu bearbeiten, während sie stetig wachsenden Anforderungen gerecht werden müssen. Zusätzlich verschärfen steigende Energiekosten und die Inflation die Situation. In vielen Orten mussten bereits Pläne, wie der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, gestrichen werden, da die finanziellen Ressourcen fehlen. Auch Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen belasten die kommunalen Haushalte deutlich.

Die Qualität des täglichen Lebens wird jedoch maßgeblich durch die Ausstattung der Kommunen bestimmt – von der Infrastruktur über Bildungseinrichtungen bis hin zu kulturellen Angeboten.

Sager sieht eine mögliche Lösung in einem höheren Anteil der Umsatzsteuer für die Kommunen. Aktuell erhalten sie nur 2,2 Prozent dieser steuerlichen Einnahmen. Die selbstständige Erhebung von Steuern durch Kommunen ist stark eingeschränkt. Grundsteuer fließt in die Mieten ein und eine Erhöhung der Gewerbesteuer ist während einer Rezession schwierig, insbesondere wenn nur wenig Spielraum dafür besteht.

In die aktuell laufende Haushaltsdebatte versuchen Kommunalvertreter, das Problem der kommunalen Finanzierung stärker ins Bewusstsein zu rücken. Allerdings sind die Aussichten auf eine Erhöhung des steuerlichen Anteils durch den Bund eher gering, da auch auf Bundesebene finanzielle Engpässe bestehen. Dies spiegelt sich unter anderem in der zusätzlichen Belastung der Kommunen durch die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge wider, während der Bundeshaushalt auch durch Waffenlieferungen an die Ukraine belastet wird.

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