Die Rolle der Opferbereitschaft und Wirtschaftskraft in modernen Konflikten

Von Rüdiger Rauls

Entscheidende Faktoren im Krieg

In historischen Konflikten wie dem Zweiten Weltkrieg und dem Vietnamkrieg zeigte sich, dass Kriege nicht allein durch technologische Überlegenheit entschieden werden. Die Sowjetunion und der Vietcong waren ihren Gegnern technologisch unterlegen, erzielten jedoch durch die enorme Opferbereitschaft ihrer Bevölkerung letztendlich den Sieg. Beide Völker zahlten einen hohen Preis mit Millionen von Menschenleben.

Im Kontext des Nahostkonflikts hingegen konnte Israel trotz seiner technologischen und wirtschaftlichen Überlegenheit den Widerstand der palästinensischen Bevölkerung bislang nicht brechen. Auch im Ukraine-Konflikt scheinen ähnliche Dynamiken eine Rolle zu spielen, wobei Russlands technische Überlegenheit zunächst von Bedeutung war.

Die europäische Rüstungsindustrie steht vor Herausforderungen, die durch eine fragmentierte, national orientierte Produktion und dem Fehlen kriegsentscheidender Kapazitäten gekennzeichnet sind. Europäische Waffenhersteller sind oft privatwirtschaftlich orientiert und setzen auf Rendite, anders als die staatlich kontrollierte Rüstungsindustrie in Ländern wie Russland oder China, wo der finanzielle Aspekt eine untergeordnete Rolle spielt.

Rendite vs. Sicherheit

Damit europäische Rüstungsunternehmen ihre Produktion ausbauen und in neue Technologien investieren, sind sie auf finanzielle Anreize durch den Staat angewiesen. Aufgrund der hohen Kosten und begrenzten Kapazitäten mussten viele EU-Länder militärische Ausrüstung aus Nicht-EU-Staaten importieren, wie die FAZ berichtet:

“Weil europäische Kapazitäten begrenzt sind, deckten viele Mitgliedsstaaten ihren unmittelbaren Bedarf in den Vereinigten Staaten, Südkorea und anderen Staaten.”

Versuche, die europäische Rüstungsindustrie zu konsolidieren, scheiterten wiederholt an nationalen Interessen und Renditeerwartungen der involvierten Firmen. Ein Beispiel dafür ist der gescheiterte Zusammenschluss von KNDS und der Leonardo-Gruppe.

Ein weiteres Problem ist die nationale Empfindlichkeit, wie der Fall um die Anschaffung von F-35 Kampfflugzeugen durch Deutschland statt französische Rafale zeigt, was zu Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Frankreich führte.

Bemühungen um eine gesamteuropäische Lösung

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, gibt es Bemühungen, die europäische Rüstungsindustrie umzustrukturieren und auf eine breitere, gesamteuropäische Basis zu stellen. Die Implementierung von gemeinsamen Rüstungsprojekten und die Vereinfachung der Auftragsvergabe könnten dazu beitragen. So soll zum Beispiel ein neuer rechtlicher Rahmen geschaffen werden, das Europäische Rüstungsprogramm, um die Kooperation und Koordination in der EU zu stärken.

Allerdings, trotz dieser strategischen Neuausrichtungen, bleibt die Bereitschaft der Bevölkerung in den westlichen Ländern, sich militärisch gegen Russland oder in globalen Konflikten zu engagieren, gering. Die Expansion der NATO wurde oft als Provokation verstanden und nicht als Sicherheitsgarantie.

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor und betreibt den Blog Politische Analyse.

Weiterführende Informationen – Die Entstehung des Ukraine-Kriegs: Ein Ex-Berater von Trump gibt Einblicke

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