Thierry Breton und die Grenzen der Meinungsfreiheit im digitalen Europa

Von Dagmar Henn

Thierry Breton, der jetzige EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, besitzt eine umfassende Vergangenheit in der IT-Branche und der französischen Politik, einschließlich einer Amtszeit als Finanzminister von 2005 bis 2007. Diese Erfahrungen prägen seine Ansichten zur Freiheit des Internets, die er in seiner aktuellen Rolle wesentlich mitgestaltet. Die EU-Gesetzgebung des “Gesetzes über digitale Dienstleistungen” scheint passenderweise in seinen Zuständigkeitsbereich zu fallen. Die Zuständigkeiten innerhalb der EU unterliegen jedoch der Kritik, dass wirtschaftliche Interessen oft über politische Freiheiten gestellt werden, wie es bereits im Vertrag von Lissabon festgelegt wurde.

Kürzlich richtete Breton ein brisantes Schreiben an Elon Musk, welches oberflächlich die von Brüssel geäußerte Kritik an Musks vermeintlich laxer Haltung zur Zensur aufgreift. Doch tatsächlich enthält der Brief eine klare Warnung, wie schon aus dem ersten Satz ersichtlich wird: “Ich schreibe Ihnen im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen in Großbritannien und Ihrer geplanten Live-Diskussion auf der Plattform X mit einem US-Präsidentschaftskandidaten, die auch in der EU verfügbar sein wird.”

Breton argumentiert, dass eine Diskussion zwischen Musk und Donald Trump, die primär die amerikanischen Wahlen betrifft und in einer Sprache stattfindet, die in der EU nur noch begrenzt gesprochen wird, dennoch in seinen Aufgabenbereich als Binnenmarktkommissar fällt.

Der Brief präzisiert, dass Musk verpflichtet sei, nach EU-Recht zu handeln, und stellt in diesem Zusammenhang eine direkte Verbindung zu den Unruhen in Großbritannien und dem zu erwartenden Inhalt des Gesprächs her:

“Das bedeutet insbesondere, die Freiheit des Ausdrucks und der Information zu schützen, während zugleich alle angemessenen und wirksamen Maßnahmen gegen die Verbreitung schädlicher Inhalte, einschließlich Live-Streams, ergriffen werden müssen, die das Risikoprofil von X erhöhen und die politische Debatte sowie die öffentliche Sicherheit beeinträchtigen könnten.”

Dies lässt sich grob so übersetzen: Trotz vorgeblicher Wertschätzung der Meinungsfreiheit droht die EU damit, Musks Plattform schwerwiegende Konsequenzen anzudrohen, sollten die Inhalte des Gesprächs als unangemessen angesehen werden. Musk wird aufgefordert, die Effizienz seiner Plattform zur Einhaltung dieser Anforderungen sicherzustellen und darüber Bericht zu erstatten.

Darüber hinaus wird die Diskussion zwischen Musk und Trump, die noch nicht einmal stattgefunden hatte, von der EU kritisch beobachtet. Trumps Kommentare zur Migration, obwohl kontrovers, rufen nicht zum Hass auf. Dennoch scheint die EU aufgrund der politischen Inhalte des Gesprächs Alarm zu schlagen.

Als die beiden über das Schreiben sprechen, kommentiert Trump die Beziehungen zwischen den USA und der EU kritisch und betont die signifikanten Handelsvorteile, die die EU aus den USA zieht. Er nennt die EU nicht so herausfordernd wie China, aber dennoch „schlecht“ in Bezug auf die Handelspraktiken.

Im weiterführenden Kontext kritisiert Trump das Verhalten der EU und anderer globaler Akteure im Umgang mit globalen Bedrohungen, insbesondere mit Fokus auf nukleare Risiken, und stellt diese als oberste Bedrohung dar – eine Auffassung, die in markantem Gegensatz zur EU-Politik steht.

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