Der frisch ins Amt eingeführte britische Premierminister Keir Starmer malte in seiner ersten umfassenden Ansprache ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Situation des Landes. Er betonte, dass seine Labour-Regierung mehrere Jahre benötigen werde, um die Schäden zu beheben, die durch die 14-jährige Amtszeit der konservativen Vorgängerregierungen entstanden seien, die Probleme ignoriert hätten.
In seiner Rede sprach Starmer von einem Haushaltsdefizit von 22 Milliarden Pfund, von dem weder er noch das amtliche Büro für Haushaltskontrolle zuvor in Kenntnis gesetzt wurden, da es von der vorherigen Regierung verschleiert worden sei. Erwähnenswert ist auch, dass Großbritannien in den letzten drei Monaten fast fünf Milliarden Pfund mehr aufgenommen habe als ursprünglich geplant.
Vor der Herausforderung, am 30. Oktober einen neuen Haushalt zu verabschieden, warnte Starmer, dass die Entscheidungen “schmerzhaft” sein würden. Angesichts der finanziellen Notwendigkeit müssten vor allem diejenigen, die sich dies leisten könnten, größere Lasten tragen. Starmer bekräftigte ebenfalls das Vorhaben seiner Regierung, gegen Steuerflucht vorzugehen.
Britische Medien spekulieren, dass dies in Steuererhöhungen resultieren könnte. The Guardian berichtete, dass Starmer und seine Finanzministerin Rachel Reeves zwar Erhöhungen der Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ausschlossen, jedoch höhere Steuern auf Kapitalerträge und Erbschaften, strengere Budgetlimits für Ministerien und eine alternative Berechnung der Staatsschulden in Betracht zogen. Reeves kündigte zudem an, Heizkostenzuschüsse für etwa zehn Millionen Rentner zu streichen.
Bezüglich der jüngsten Proteste gab Starmer der vorherigen Regierung die Schuld für die vorzeitige Entlassung von Straftätern aus den Gefängnissen und äußerte sich in einem Zitat:
“Ich war schockiert, als ich das wahre Ausmaß der Situation in unseren Gefängnissen erfasste. Das zu bereinigen wird Zeit benötigen. Ich kann nicht einfach bis Samstag ein Gefängnis bauen.”
Er beschuldigte auch die Protestierenden, die gesellschaftlichen Missstände ausgenutzt zu haben:
“Sie erkannten die Risse in unserer Gesellschaft nach 14 Jahren Versagen und nutzten diese aus. Das haben wir geerbt, nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein gesellschaftliches Schwarzes Loch.”
Starmers Ausführungen stießen bei manchen Kritikern im eigenen Lager auf Unmut. Sharon Graham, Generalsekretärin der Gewerkschaft Unite the Union, nannte seine Rede “düster” und forderte den von der Labour Party versprochenen Wandel ein. Der ehemalige Premierminister und jetzige Oppositionsführer Rishi Sunak kommentierte auf X (früher Twitter):
“Die heutige Rede von Keir Starmer machte deutlich, was Labour von Anfang an vorhatte – Ihre Steuern zu erhöhen.”
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