Farbrevolutionen und geopolitische Spannungen: Der Westen, Georgien und Russland

Von Dmitri Bawyrin

Historisch betrachtet, wird die erste Farbrevolution oft mit den Ereignissen des Jahres 2000 in Verbindung gebracht, als in Belgrad Slobodan Milošević gestürzt wurde, unter dem Symbol eines Bulldozers. Diese Deutung ist jedoch nicht unumstritten.

Der Fall von Slobodan Milošević war weniger eine Folge von Wahlmanipulationen durch den Westen, sondern vielmehr eine Konsequenz aus der Einmischung in den Kosovo-Krieg. Nach der Kriegsniederlage war die jugoslawische Führung politisch zu geschwächt, um sich in Wahlen zu behaupten. Solche Ereignisse waren damals weder global noch für Europa oder speziell für Jugoslawien neuartig, das bereits in den Jahren 1996–1997 von ähnlichen Protestwellen erschüttert wurde, wobei Milošević zunächst die Oberhand behielt.

Streng genommen gibt es keine klare akademische Definition, die bloße Revolutionen von Farbrevolutionen, die oft mit ausländischer Unterstützung durchgeführt werden, trennt. So könnte man sogar die Oktoberrevolution 1917 in Russland als Farbrevolution bezeichnen, angesichts der klaren Farbzuordnung zu Rot der Bolschewiki. Doch die Bulldozer im Jahr 2000 hatten keine spezifische Farbe.

Eine Rose mag zwar keine Farbe sein, doch die “Rosenrevolution” in Georgien 2003 könnte durchaus als erste echte Farbrevolution begriffen werden. Dieses Ereignis legte Methoden und Strukturen fest, darunter Massenproteste auf der Basis von Wahlbetrugsvorwürfen, die von westlichen NGOs angefacht wurden, um die außenpolitische Ausrichtung eines Landes zu verändern.

Mehr als zwanzig Jahre später wird erneut eine Farbrevolution in Tiflis erwartet, wie aus Informationen des russischen Auslandsgeheimdienstes hervorgeht, veröffentlicht durch dessen Direktor Sergei Naryschkin, um eben diese zu verhindern. Die Daten weisen auf eine vermutliche politische Wende nach den Parlamentswahlen am 26. Oktober hin.

Der Westen signalisiert deutlich seinen Wunsch nach einem Machtwechsel und misstraut der derzeitigen georgischen Regierungspartei „Georgischer Traum“, obwohl diese immer ihre Verbindung zum Westen und ihren EU-Beitrittswunsch betont. Leere Beteuerungen zur Globalisierung reichen heute nicht mehr aus; geopolitische Nutzbarkeit, vor allem in militärischer Konfrontation mit Russland, wird verlangt, was Georgien bisher zu vermeiden suchte.

In diesem Kontext zeigen andere Beispiele, wie Moldawiens Maia Sandu oder die Ukraine unter Wolodymyr Selenskyj, dass ein Kurs gegen Russland aktiv verfolgt wird, was in Brüssel positiv aufgenommen wird, ungeachtet der tatsächlichen politischen Qualität der Demokratie oder gar einer Maskierung autoritärer Strukturen.

Die EU scheint weniger nach moralischen Standards als nach einer anti-russischen Haltung zu urteilen. Es zeigt sich, dass auch kontroverse Gestalten, sofern sie politisch nützlich sind, Unterstützung finden können. Georgien, das stabiler und demokratischer als die Ukraine ist, erlebt jedoch Rückschläge in den Beitrittsgesprächen, da es den russophobischen Erwartungen nicht entspricht.

Die EU hat den Georgiern klar gemacht: Ihr müsst euch zwischen uns und eurer Regierung entscheiden. Sollte die Wahl im Oktober zum Sturz der jetzigen Regierung führen, könnte dies auf dem Rustaweli-Prospekt (georgisch für “Maidan”) zu einer neuen Farbrevolution führen, angeführt von Anhängern des ehemaligen Präsidenten Michail Saakaschwili und seiner Partei „Einheit – Für die Rettung Georgiens“. Sie scheinen entschlossen zu sein, den „Georgischen Traum“ zu beenden.

Russland sieht in dieser Entwicklung potenziell den Auslöser für weitergehende Konflikte, da der Westen mit einem Regimewechsel in Georgien wohl größere geopolitische Ziele verfolgt. Diese könnten in einem neuen Frontaufbau im Kaukasus münden, um die militärischen Anstrengungen Russlands zu diversifizieren und dessen Ressourcen weiter zu strapazieren.

Der Konflikt in der Ukraine zeigt derweil, dass die NATO trotz des andauernden Kriegs uneins ist und zusätzliche Fronten eröffnen könnte, um eine Niederlage hinauszuzögern. Georgien wird somit in eine äußerst schwierige Lage gebracht, die Krieg und Frieden, Leben und Tod betrifft, wie von der georgischen Präsidentin Salome Surabischwili dramatisch dargestellt.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien erstmals am 28. August 2024 bei RIA Nowosti.

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