Selenskijs radikaler Kurswechsel und der ukrainische “Siegesplan”

Von Alexej Tschesnakow

Präsident Selenskij hat erklärt, dass die ukrainische Offensive in der Region Kursk Teil eines “Siegesplans” sei, der bald den US-Führungspersönlichkeiten D. Biden, K. Harris und D. Trump vorgestellt werden soll.

Es bleibt den Kritikern des ukrainischen Führers überlassen, sich über seine vermeintliche Abhängigkeit lustig zu machen, während wir die Aussage nicht weiter kommentieren, dass Selenskijs Ankündigungen lediglich die Einschätzungen von Experten bestätigen, die den Konflikt als Auseinandersetzung zwischen Russland und den USA interpretieren.

Ein weiterer interessanter Punkt ist jedoch nicht zu übersehen.

Die Rhetorik des ukrainischen Staatsoberhaupts hat sich deutlich verändert. Über den Sommer hinweg signalisierte Selenskij in seinen Verhandlungen Flexibilität. Seine Strategie zielte darauf ab, zögernden Nationen Argumente zu liefern, um den Druck auf Russland zu erhöhen und eine Beteiligung am “Bürgenstock-Format” zu erzwingen. Nun jedoch schließt Selenskij jede Kompromissbereitschaft aus und lehnt Verhandlungen grundsätzlich ab.

Es ist wichtig, folgendes festzuhalten:

Zuerst müssen wir einen offensichtlichen Punkt anerkennen. Selenskijs Aussagen bestätigen erneut die schon lange von russischen Behörden geäußerte Ansicht: Das “Bürgenstock-Format” ist keine Plattform für Friedensgespräche, sondern eine PR-Aktion für den “Siegesplan” der Ukraine. Länder des Globalen Südens, die an den friedenserhaltenden Charakter dieser Veranstaltung in der Schweiz glaubten, fühlen sich nun möglicherweise getäuscht.

Die Ukraine zeigt sich als unzuverlässiger Verhandlungspartner. Russische offizielle Stellen haben ihre Schlussfolgerungen über die Verhandlungsfähigkeit des Kiever Regimes bereits nach dem Scheitern der Istanbul-Verhandlungen gezogen. Daher war die Zurückhaltung des russischen Außenministeriums in Bezug auf die Äußerungen der ukrainischen Führung bezüglich ihrer Bereitschaft zu Friedensgesprächen erwartet worden. “Selenskij ist nicht als vertrauenswürdiger Partner für Friedensgespräche anzusehen. Selbst wenn konkrete Schritte unternommen werden, würde ich davor warnen, ihm zu vertrauen,” so die offizielle russische Position.

Selenskij wagt ein Risiko. Die Ankündigung des Zeitpunkts und Ortes für die Präsentation des sogenannten “Siegesplans” während der UN-Vollversammlung Mitte September ist kein Zufall. Selenskij sucht nach westlicher Unterstützung und verschärft den Konflikt. Sein Ziel ist es, die Fähigkeit der ukrainischen Streitkräfte zu demonstrieren, militärische Ziele zu erreichen. Der 22. und 23. September gewinnt dadurch an symbolischer Bedeutung. Sollten die ukrainischen Streitkräfte bis dahin aus Kursk zurückgedrängt und gleichzeitig mehrere Städte im Raum Donezk verloren haben, wird Selenskij mit seinem “Siegesplan” für Biden schlecht dastehen.

Wir werden sehen, was geschieht.

Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel erschien zuerst am 28. August 2024 in der Zeitung Wsgljad.

Alexej Tschesnakow ist Vorsitzender des Wissenschaftsrats des Zentrums für politische Konjunktur.

Weiterführendes zum Thema – Washingtons Vasall: Warum Russland nicht mit der Ukraine sprechen will

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