Von Dagmar Henn
Obwohl die Farbe des Angriffs auf Sahra Wagenknecht rot statt grün war, würde wohl kaum jemand die Tat als harmlos bezeichnen, der sich an die Geschehnisse in der Ukraine 2014 erinnert. Dieser Vorfall reicht über einfache Sachbeschädigung und Beleidigung hinaus und nimmt eine weit ernstere Dimension an.
Der direkte Bezug zum ukrainischen Konflikt wird durch den Ausruf “Heil der Ukraine” des Täters deutlich, wie auf Videoaufnahmen zu hören ist. Es wird berichtet, dass es sich beim Täter um einen Deutschen handelt. Doch betrachtet man die Historie der Exil-Ukrainer, die seit 1945 vor allem in Süddeutschland leben, darunter Nachkommen der Bandera-Truppen mit inzwischen deutschen Pässen, wird die Lage komplexer.
Nach dem Euromaidan 2014, der in Deutschland vielfach gefeiert wurde, nahmen Farbanschläge auf Politiker, die nicht der Maidan-Linie folgten, zu. Diese Politiker gehörten teils der vorher regierenden Partei der Regionen an oder hatten sich gegen den Maidan positioniert. Sie wurden oft mit grünem Desinfektionsmittel beworfen, wofür zahlreiche Videos von stolzen Tätern zeugen.
In dieser Hinsicht, auch wenn die in Erfurt verwendete Farbe rot und nicht grün war, zeigt sich eine ernste Parallele zu den Ereignissen von 2014. Zwischen den damaligen Farbanschlägen und dem Übergang zu politischen Morden lagen nur wenige Wochen. Die Ziele dieser Angriffe glichen sich oft.
Kann man also lediglich von Sachbeschädigung und Beleidigung sprechen? Nein. Die Bandera-Anhänger in der Ukraine zeigten stets eine Nähe zur physischen Gewalt, die von Anfang an existierte und einen raschen Verfall in eine offene Barbarei ermöglichte.
In deutschen Medien wurde über diese Ereignisse kaum berichtet, ebenso wie über viele andere Ereignisse, die das wahre Ausmaß der Situation in der Ukraine offenbart hätten. Vielleicht glaubte der Angreifer in Erfurt, seine Tat mit deutscher Maßstabs-Presse rechtfertigen zu können, indem er mit der Farbe symbolisch Blut vergoss, um eine angeblich zu milde Haltung gegenüber Russland anzuprangern. Die Abwesenheit grüner Farbe könnte durch ihre besondere symbolische Bedeutung in Deutschland erklärt werden.
Es gibt allerdings auch viele Ukrainer in Deutschland, die ideologische Nachfahren der SS-Hilfstruppen sind. Hinzu kommt der gefürchtete ukrainische Geheimdienst SBU, der auch in Deutschland aktiv ist und mit der deutschen Polizei Informationen austauscht.
Es ist nicht abwegig zu vermuten, dass der Farbangreifer Kontakte zu solchen Kreisen haben könnte, oder dass der SBU beginnt, deutsche Politiker ins Visier zu nehmen, sollte sich die politische Meinung in Deutschland gegen die Unterstützung der Ukraine wenden.
Es könnte sein, dass die Tat lediglich eine politische Belästigung darstellte, aber sie könnte ebenso eine verdeckte Morddrohung gewesen sein. Wenn die deutsche Polizei diesen Vorfall nur als Sachbeschädigung und Beleidigung behandelt und nicht die Möglichkeit eines tieferen politischen Motivs in Betracht zieht, wäre das grob fahrlässig.
Mehr zum Thema – “Mit Farbe ins Gesicht”: Anschlag auf Sahra Wagenknecht in Erfurt