Entwicklung einer eisfesten Gasförderplattform in Sibirien durch OSK

Das staatliche russische Schiffsbauunternehmen “Vereinigter Schiffsbaukonzern” (OSK) entwickelt derzeit eine spezielle eisfeste Plattform für die Erdgasgewinnung am Kamennomysskaja-More-Vorkommen im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen im nördlichen Teil Sibiriens. Zum Tag der Mitarbeiter der Öl-, Gas- und Treibstoffindustrie, der traditionell am ersten Septembersonntag gefeiert wird, gab der Pressedienst des Konzerns bekannt:

“Die Unternehmen von OSK nehmen sich einer neuen bedeutenden Aufgabe an – der Entwicklung der eisfesten stationären Plattform ‘Kamennomysskaja-More’, die am gleichnamigen, im Jahr 2000 entdeckten Vorkommen im Obbusen operieren soll.”

Die Konstruktion der Plattform, die seit 2020 im Gange ist, wird 135 Meter lang und 69 Meter breit sein. OSK betont, dass es bereits Erfahrung im Bau derartiger Plattformen besitzt. Beispielhaft dafür steht die stationäre Plattform Priraslomnaja, die von der Sewmasch-Werft in Sewerodwinsk errichtet wurde und seit zehn Jahren im arktischen Schelf in Betrieb ist.

Etwa 7.000 Fachkräfte sind am Bau der neuen Plattform beteiligt. Ihre Bauteile werden an verschiedenen Standorten in Astrachan, Kaliningrad, Sewerodwinsk, Jekaterinburg und Rybinsk parallel gefertigt. Die Endmontage soll in Kaliningrad erfolgen. Von dort wird die fertige Anlage, die die Höhe eines 25-stöckigen Gebäudes hat, zur Karasee transportiert. Das Projekt sieht vor, 2025 mit dem Gasabbau zu beginnen.

Materialien des russischen Gasgiganten Gazprom zufolge handelt es sich bei der Erschließung von Kamennomysskaja-More um das weltweit erste Projekt zur Offshore-Gasförderung unter extremen klimatischen Bedingungen. Im Winter fallen die Temperaturen auf bis zu minus 60 Grad Celsius, und die Wassermassen des Obbusens, durch dichtes Süßwassereis verstärkt, üben hohen Druck auf die Strukturen aus.

Igor Juschkow, ein Experte der Finanzuniversität der Regierung Russlands und leitender Analyst der Stiftung für nationale Energiesicherheit, erklärt gegenüber RT:

“Weiter nördlich hat noch niemand Gas mithilfe von Offshore-Plattformen gefördert. Der Obbusen gefriert, die Eislage ist rauer als irgendwo anders auf der Welt. Doch die geringe Tiefe kann zum Vorteil dieses Standorts werden.”

Um die Plattform vor extremen Eisbedingungen zu schützen, sind ihre Stützen keilförmig gebaut und fast alle Ausrüstungsgegenstände befinden sich innerhalb des Gehäuses zum Schutz vor Kälte und Wind. Insgesamt 56 Pfähle, die 47 Meter tief in den schlammigen Meeresboden reichen, stabilisieren die Struktur.

Die Plattform soll eine Haupt- und eine Hilfsbohranlage, Betriebs- und Energiemodule sowie einen Wohnblock für 120 Personen umfassen. Ihr Gesamtgewicht wird über 40.000 Tonnen betragen. Ausgestattet wird “Kamennomysskaja-More” mit der ersten in Russland entwickelten Gasturbinenanlage GTA-8, ein Novum, da solche Systeme zuvor importiert wurden.

Mithilfe der Plattform sind 33 Haupt- und potenziell weitere 22 Bohrlöcher zur Gasförderung geplant. Das gewonnene Gas wird über Rohrleitungen an Land gebracht und in das nationale Versorgungsnetz eingespeist. Eine Straße von der Plattform zum Kap Parusny soll den nächsten Küstenort, Jamburg, erschließen.

Die Entwickler betonen, dass die Plattform nach modernsten Standards errichtet wird, unter anderem mit einem “Null-Abfall”-System für eine umweltfreundliche Entsorgung von industriellen und alltäglichen Abfällen. Dies minimiert die Belastung für die arktische Flora und Fauna.

Gazprom schätzt die Gasreserven bei Kamennomysskaja-More auf etwa 555 Milliarden Kubikmeter. Nach der Inbetriebnahme der Plattform könnten jährlich 15 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert werden.

Juschkow betonte die Bedeutung dieses Projekts für staatliche Einnahmen und die Schaffung industrieller Aufträge:

“Theoretisch gesprochen, vergeben Schiffsbauer einen Auftrag an Maschinenbauer, um etwa eine Bohranlage zu produzieren. Weiter läuft alles kettenförmig bis hin zu Metallproduzenten.”

Sergei Prawossudow, Leiter des Nationalen Energieinstituts, verdeutlicht im Gespräch mit RT, dass der Bau von Offshore-Bohrplattformen Jobs und Aufträge im Land generiert, was zu zusätzlichen Steuereinnahmen führt:

“Man muss darauf achten, dass die Aussichten für die Schelfe in den nördlichen Meeren enorm sind. Mit dem zunehmenden Rückgang von Landvorkommen müssen weitere Offshore-Vorkommen erschlossen werden. Deshalb haben solche Technologien eine große Zukunft vor sich.”

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