Von Susan Bonath
Die Wahlausgänge in den ostdeutschen Ländern Thüringen und Sachsen haben kaum überrascht und lösten vorhersehbare Reaktionen in den Medien aus: Konservative CDU-Politiker distanzierten sich demonstrativ von ihrer erfolgreichen rechtspopulistischen Konkurrenz, der AfD. Experten warfen bereits stereotyp den Ostdeutschen, den sogenannten “Jammerossis”, Demokratieferne vor – also das übliche Prozedere.
Die Ironie dieser moralisierenden Darstellungen wächst angesichts der politischen Missstände, die das Leben der Menschen beeinträchtigen. Eine tiefgründige Analyse, die die faktischen Interessen der arbeitenden Bevölkerung untersucht, bleibt meist aus. Selbst die offensichtlichen Gründe für die Unzufriedenheit – wie genervte Reaktionen gegenüber der aggressiven Außenpolitik – werden kaum ernsthaft diskutiert. Daher sollte man fragen: Was bedeuten solche Wahlergebnisse wirklich für die Mehrheit der Wähler?
Kritik an Kriegstreiberei, Zensur und mehr
Betrachten wir zunächst die Zahlen: In Thüringen erzielte die AfD fast 33 Prozent, deutlich vor der CDU, die knapp zehn Prozentpunkte weniger verbuchte. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kam auf fast 16 Prozent. Weitere Parteien wie die Linke und die SPD folgten mit geringeren Anteilen. In Sachsen verteilten sich die Stimmen ähnlich, wobei CDU und AfD nahezu gleichauf lagen.
Die Wählerschaft signalisierte deutlich, dass sie von der etablierten Politik genug hat und sich von AfD oder BSW Veränderungen erhofft. Hauptkritikpunkte sind unter anderem die konfrontative Haltung gegenüber Russland, katastrophale Energiepolitiken, die Preisexplosionen bei Heiz- und Stromkosten nach sich zogen, sowie die Einwanderungspolitik und Eingriffe in die Meinungs- und Pressefreiheit.
Das im Jahr 2022 erfolgte Verbot der russischen Sender RT und Sputnik ist nur ein Beispiel für die umfassende Zensurpolitik in Deutschland und der EU. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz führte seit 2017 und verstärkt mit den Corona-Maßnahmen 2020 zu einer Zunahme der Zensur in sozialen Netzwerken.
Gleichzeitig darf die Geschichte Ostdeutschlands nicht ignoriert werden. Seit der Wiedervereinigung blieben die Löhne niedrig und die Armutsraten hoch. Die Wirtschaft wird auch heute noch stark von westdeutschen Entscheidungsträgern dominiert.
Der “Ossi” als Sündenbock
Medienleitungen, die oft aus dem Westen stammen, neigen dazu, diese historischen und sozialen Kontexte auszublenden. Anstatt selbstkritisch zu sein, dominieren Zensur und eine Kultur der Ausgrenzung. Der “Ostbeauftragte” der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), bemängelte die geringe Parteibindung in Ostdeutschland. Dieser Kommentar illustriert die westdeutsche Auffassung von Demokratie – gesteuert durch große Wirtschaftsmächte, während die Bürger nur zwischen bestehenden parteipolitischen Optionen wählen sollen.
Das Bild des “Ossis” als demokratiefern und rückschrittlich dient weiterhin als praktischer Sündenbock. Doch selten wird gefragt, warum diese Bürger für politische Vertreter stimmen sollten, die ihre Probleme ignorieren oder sie als billige Arbeitskräfte ausnutzen.
Westlicher Imperialismus
Es mangelt an Selbstreflexion und einem Verständnis für die echten Bedürfnisse der “normalen Bürger”. Währenddessen spielt Deutschland eine Rolle im Rahmen der westlichen, durch die NATO repräsentierten, imperialistischen Strategie, die vor allem gegen wirtschaftliche Rivalen wie Russland und China gerichtet ist.
Die politische und wirtschaftliche Elite in Deutschland vertritt hauptsächlich die Interessen des westlichen Kapitalismus, der sich rücksichtslos Bereiche sichert und militärisch expandiert. AfD und BSW bieten, trotz gegenteiliger Bekundungen, keine echte Opposition zu diesem System, sondern repräsentieren lediglich eine andere Fraktion des Kapitals.
Wahldilemma und Entrüstungsshow
Für die Wähler in Ostdeutschland gibt es keine echte wahlpolitische Alternative, die ihre Interessen vertritt. Die Linkspartei, ehemals als Hoffnungsträgerin gestartet, hat diese Rolle nicht erfüllen können. Der politische Diskurs wird von einem rechten Parteiblock dominiert, der eine ebenso rechte Scheinopposition zur Schau stellt, während die wahren Probleme unangetastet bleiben und echte Lösungskonzepte ausbleiben.
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