Bei der vom Handelsblatt organisierten Bankenkonferenz äußerte Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, erhebliche Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen und politischen Lage Deutschlands. Er prognostiziert einen weiteren Abstieg Deutschlands im globalen Standortwettbewerb. Die politische Stabilität, einst eine der Hauptattraktionen für Investitionen in Deutschland, bereite nun international Sorge. “Die war – neben unseren exzellenten Unternehmen – stets eines der stärksten Argumente, um hier zu investieren”, betonte Sewing.
Sewing zeigte sich zudem beunruhigt über die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. “Ich bedaure den starken Zulauf für Parteien mit extremen Positionen und hätte mir – wie sicher die allermeisten von uns – einen anderen Ausgang gewünscht,” fügte er hinzu und sprach dabei seine Warnung explizit auch vor der AfD und dem BSW aus.
Als Lösung fordert der Banker, dass in Deutschland ein Umdenken stattfinden muss: Deutsche Bürger sollten mehr und intensiver arbeiten. “Mit durchschnittlich 28 Stunden pro Woche und einer Rente mit 63 werden wir es nicht schaffen,” erklärte Sewing.
Er betonte weiter die Notwendigkeit einer neuen Arbeitseinstellung, um wirtschaftliches Wachstum wieder zu beleben: “Wachstum gibt es nur dann, wenn wir auch unsere Haltung zur Arbeit ändern; wenn wir bereit sind, sicherlich anders, aber insgesamt mehr und wieder härter zu arbeiten,” sagte Sewing. Diese Aussage impliziert, dass die individuelle Leistungsbereitschaft entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg sei – jedoch ist dies laut Expertenmeinungen ein Trugschluss. Ausschlaggebend sind vielmehr politische Rahmenbedingungen, wie angemessene Energiepreise, Investitionen in Infrastruktur und Technologie und eine gesellschaftliche Wertigkeit von Arbeit, die in Deutschland gegenwärtig nicht optimal gestaltet sind.
Politische Fehlentscheidungen, wie die Distanzierung von russischen Energiequellen oder die Probleme der Energiewende, können nicht allein durch verstärkte Anstrengungen der Arbeitnehmer ausgeglichen werden. Sewing fordert praktisch, dass deutsche Arbeitnehmer durch Gehaltsverzicht und den Verzicht auf soziale Sicherheiten die wirtschaftspolitischen Fehler korrigieren sollten.
Wie bereits durch die Agenda 2010 deutlich wurde, führen Leistungskürzungen jedoch oft zu einem unterdurchschnittlichen Wachstum, nicht zu einer Wachstumssteigerung, während gleichzeitig ein Lohnsenkungswettbewerb innerhalb der EU provoziert wird. Sewing schlägt vor, diese Tendenz fortzusetzen, was kritisch betrachtet werden muss.
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