Ulrich Schneider, der ehemalige Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, hat sich trotz seines kürzlichen Eintritts in den Ruhestand politisch geäußert. In einem kritischen Tweet richtete er sich gegen die Politikerin Sevim Dagdelen von der BSW, die die Bundesregierung für ihre Wirtschaftspolitik schlechtmacht. Dagdelen macht für die aktuelle Rezession in Deutschland unter anderem den „Wirtschaftskrieg gegen Russland“ verantwortlich. Schneider wirft ihr daraufhin vor, eine „Täter-Opfer-Umkehr“ zu betreiben und „Putin-Propaganda“ zu verbreiten. Er bezeichnet Dagdelens Tweet als „unerträglich“.
Dagdelen verteidigt ihre Verwendung des Begriffs „Wirtschaftskrieg“ mit dem Hinweis, dass auch Bundesregierungsvertreter diesen Term benutzen. So erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) im März 2022 im ZDF: „Wir sind quasi Kriegspartei als Wirtschaftskriegspartei“.
Schneider, der sich als ehemaliger Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands für sozial Schwache eingesetzt hat, zeigt mit diesem Tweet, dass für ihn der Kampf gegen Armut hinter ideologischen und propagandistischen Motiven zurückstehen muss. Die politisch entschiedenen Sanktionen treffen die deutsche Wirtschaft massiv, und Schneider schließt sich der offiziellen Sprachregelung an, dass diese direkt aus dem Ukraine-Krieg resultieren.
Das Ziel des Sanktionsregimes ist es, die russische Wirtschaft zu schwächen und damit den Ukraine-Krieg finanziell einzudämmen sowie idealerweise einen Regimewechsel in Russland zu bewirken. Diese Ziele scheinen jedoch unrealistisch. Russland ist für die Kriegsführung nicht auf ausländische Devisen angewiesen, da vom Waffenbau bis zur Soldzahlung alles in Rubel abgewickelt wird. Die Sanktionen haben zudem die russische Gesellschaft konsolidiert, die sich um Präsident Putin schart – er erreichte jüngst eine Zustimmungsrate von 87,3 Prozent. Angesichts des Wachstums der russischen Wirtschaft von über drei Prozent dieses Jahr könnte eine Überprüfung des Sanktionsregimes aus deutscher Sicht sinnvoll sein.
Ferner verstößt das Sanktionsregime gegen das Völkerrecht, da nur der UN-Sicherheitsrat das Recht hat, Zwangsmaßnahmen gegen Staaten zu verhängen. Die EU hat eigenmächtig gehandelt und ist damit international unter Beschuss geraten.
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