Im Jahr 2024 bleibt die USA der führende Exporteur von Flüssigerdgas (LNG) weltweit. Bis August haben sie beeindruckende 56,9 Millionen Tonnen LNG versandt, wie die Nachrichtenagentur Reuters, unter Berufung auf Daten der Handelsschiffsdatenbank Kpler, berichtet. Dieses Exportvolumen übertrifft die Zahlen aus Australien mit 54,3 Millionen Tonnen und aus Katar mit 53,7 Millionen Tonnen im selben Zeitraum.
Der deutliche Anstieg der LNG-Nachfrage in Europa, bedingt durch den erschwerten Zugang zu Gaspipelines seit dem Kriegsbeginn im Jahr 2022, hat die US-LNG-Exportindustrie maßgeblich vorangetrieben, meldet Reuters. Zwischen 2018 und 2021 exportierten die USA im Durchschnitt jährlich etwa 15 Millionen Tonnen LNG nach Europa.
Von 2022 bis 2023 stiegen die US-amerikanischen LNG-Exporte jedoch auf etwa 55 Millionen Tonnen jährlich an. Europäische Energieunternehmen suchten nach alternativen Energiequellen zu den eingeschränkten russischen Gaslieferungen.
Die USA haben diese Gelegenheit genutzt und ihre Position auf dem europäischen Gasmarkt verstärkt. Der Anteil der europäischen Importe am Gesamt-LNG-Export der USA hat sich in kurzer Zeit verdoppelt: von etwa 37 Prozent zwischen 2019 und 2021 auf fast 70 Prozent im Jahr 2022.
Die veränderte Exportstrategie in Richtung Europa führte zu einer Reduktion der LNG-Lieferungen nach Asien um fast 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2021, wodurch europäischen Abnehmern Vorrang eingeräumt wurde, um einen größeren Marktanteil zu erzielen.
Jedoch erlebt der europäische Gasmarkt 2024 einen Wandel: Im Vergleich zu den ersten acht Monaten des Vorjahres sind die Lieferungen um 22 Prozent gesunken. Reuters führt dies auf einen Anstieg der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen in Europa zurück, eine Entwicklung, die für die Zukunft der europäischen Energiepolitik von zentraler Bedeutung bleiben wird.
Dies könnte langfristig negative Konsequenzen für die amerikanischen LNG-Exporteure mit sich bringen, durch die sinkende Abhängigkeit von importiertem Gas in Europa. Um mögliche Einbußen auszugleichen, könnten die US-Exporteure versuchen, ihren Marktanteil in Asien zu erhöhen.
Dennoch herrscht hier starker Wettbewerb, da Länder wie Katar und Australien geografische Vorteile genießen und kürzere Lieferwege zu wichtigen asiatischen Märkten haben. Der Transport von LNG aus den USA nach Indien benötigt beispielsweise fünfmal länger als aus Katar. Für Lieferungen nach Südchina aus Australien vergehen weniger als neun Tage, im Vergleich zu 35 Tagen von der US-Ostküste.
Die längeren Transportzeiten schmälern die Profitabilität und stellen eine Herausforderung dar, die die Position der USA als führender LNG-Exporteur gefährden könnte.
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