Umgang mit Aggression und Verspätungen: Ein deutscher Alltag

Von Tom J. Wellbrock

In unserem heutigen Beitrag werfen wir zunächst einen kritischen Blick auf das Dilemma der Deutschen Bahn bezüglich deren Unpünktlichkeit, bevor wir uns der Sicherheit in den Berliner Freibädern widmen. Beide Themen verbindet das zentrale Motiv des Umgangs mit Wut und Aggression.

Bahn zu spät? Cool bleiben.

In einem Beitrag auf Facebook hat sich das WDR-Format “QUARKS” dem Thema der Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn gewidmet. In einem illustrierten Zugabteil erklingt die Durchsage:

“Aufgrund von Verzögerungen im Betriebsablauf können wir unsere Fahrpläne nur noch schätzen.”

Abgebildet ist auch ein deutlich verärgert wirkender Mann, erkenntlich an seinem Gesichtsausdruck und dem Dampf, der aus seinen Ohren steigt. Der WDR rät ihm, Resilienz zu entwickeln, da Wut eine Folge der persönlichen Bewertung der Situation ist, was wiederum zu einem Gefühl des Kontrollverlustes führen kann. Es gibt Ratschläge vom WDR, um Resilienz aufzubauen – diese Details ersparen wir uns jedoch hier.

Obwohl die Absicht des Posts möglicherweise satirisch war, wird er doch ernst genommen und findet bei vielen Nutzern Anklang.

Nun zur Berliner Polizei und den Freibädern. Wie wir sehen, ist Wut das Resultat einer Bewertung einer Situation.

Stress im Freibad? Cool bleiben

Ein Besuch im Freibad kann heutzutage schnell in Stress ausarten. Dies hängt stark von der allgemeinen Stimmung ab. Wenn die Emotionen hochkochen, kann es passieren, dass Gruppen aggressive Männer Unruhe stiften. Deren Wut, wie wir wissen, entsteht durch die Bewertung ihrer Umstände.

Die Berliner Polizei bietet eine mögliche Lösung auf Facebook an:

“Mehr Sicherheit im Freibad bedeutet mehr Badespaß für alle. Das Projekt ‘Bleib Cool am Pool’ trägt dazu bei. Dort werden Jugendliche und Erwachsene zu Konfliktlotsen ausgebildet, die in gefährlichen Situationen helfen. Sie entschärfen durch Kommunikation brisante Lagen. Im Humboldthain ist das Projekt nun für dieses Jahr abgeschlossen, und unsere Direktion 1 zieht eine sehr positive Bilanz.”

“Die Konfliktlotsen haben erfolgreich bei Streitigkeiten geholfen, besonders am Sprungturm und auf der Rutsche, und die Gemüter beruhigt,” fasst die Direktion 1 zusammen.

Die Konfliktlotsen und -lotsinnen haben somit erfolgreich ihre Aufgaben erfüllt, auch wenn nur leichte Auseinandersetzungen, wie z.B. Streitigkeiten um die Reihenfolge auf der Wasserrutsche, gemeldet wurden.

Trotz der positiven Rückmeldung der Polizei sind einige Facebook-Nutzer skeptisch. Sie bezweifeln, dass Konfliktlotsen in wirklich bedrohlichen Situationen effektiv sein könnten. Ein Nutzer merkt kritisch an:

“Wenn diese Konfliktlotsen nicht mit MG und Komplettschutz und in Mannschaftsstärke kommen, dürfte das unsere ‘Gäste’ nicht beeindrucken.”

Ein anderer fügt hinzu:

“Früher reichte ein Bademeister. Heute am besten gleich eine Hundertschaft vor der Tür…”

Ein weiterer Kommentar, der wegen seiner Radikalität gelöscht wurde – den ich jedoch sicherheitshalber kopiert hatte – verdeutlicht das wachsende Unbehagen in der Gesellschaft und den zunehmenden Verlust der Geduld:

“Konfliktlotsen? Echt jetzt? Ihr habt sie doch nicht mehr alle! Die können vielleicht helfen, wenn sich zwei Kids um ein Eis streiten. Aber das ist nicht unser eigentliches Problem! Ihr lenkt nur ab von den eingewanderten Schlägern, die Ihr nicht in den Griff kriegt.”

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

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