Die anhaltende Spaltung: Warum traditionelle Politikansätze im Osten Deutschlands versagen

Von Rüdiger Rauls

Wie weiter?

Obschon die Demonstrationen gegen rechts in Westdeutschland anfänglich Wirkung zeigten, ist diese nun verpufft. Die AfD erholte sich kurzzeitig von Umfragetiefs. Das vergangene Wochenende offenbarte die harte Wirklichkeit, die nicht mehr ignoriert oder wegdemonstriert werden kann. Bürger lassen sich nur zeitweise von ihren Überzeugungen abbringen – wenn die Gründe für ihren Unmut bestehen bleiben, scheitern auch Täuschungen.

Es fällt schwer, die starke Präsenz der AfD, insbesondere in Ostdeutschland, zu leugnen oder zu ignorieren. Dies lässt sich nicht mit der mangelhaften Kommunikation seitens etablierter Parteien wie der CDU, SPD, FDP oder den Grünen erklären. Tatsächlich offenbart dies eher die Geringschätzung dieser Parteien gegenüber den Wählern, denen man unterstellt, sie würden die vollmundigen Versprechen nicht verstehen.

Diese alten politischen Methoden greifen nicht mehr, und doch wehrt man sich hartnäckig gegen diese Erkenntnis. Vielleicht wird sie gar nicht erkannt oder man weiß schlichtweg nicht, wie man Politik anders gestalten soll. Das politische System, das sich seit 1949 in Westdeutschland etabliert und nach 1990 auf Ostdeutschland ausgeweitet wurde, zeigt sich als zu erstarrt.

Alle Bemühungen, die Politik besser zu erklären oder den Bürgern besser zuzuhören, haben nicht verhindert, dass sich immer mehr Menschen von den alteingesessenen Regierungsparteien abwenden. Was einst als Protestwähler der AfD abgetan wurde, hat sich in Ostdeutschland als feste Wählerschaft etabliert. Nach Erhebungen der Forschungsgruppe Wahlen gaben nur 31 Prozent an, aus Protest für die AfD zu stimmen, während 62 Prozent dies aufgrund der politischen Forderungen taten, wie die FAZ berichtet.

Statt sich den Inhalten zu stellen, versucht man weiter, die AfD und die Bewegung Sahra Wagenknecht (BSW) zu diskreditieren. Kritik gerät oft kleinkariert und zeugt von schlechtem Verlierertum, was das Image nur weiter beschädigt. Der fortwährende Hinweis, die AfD sei „gesichert rechtsextrem“ (FAZ), hält zumindest im Osten immer weniger Menschen von einer Wahl dieser Partei ab.

Westliches Denken

Die Führungskräfte der westlichen Parteien und die Meinungsmacher in Medien und Kultur sind es gewohnt, dass ihre Sichtweisen und Werte dominieren. Sie gehen davon aus, dass die Mehrheit ihrer Gesellschaft diese teilt. Eine grundlegende Verfehlung: nicht alle denken wie sie und teilen nicht notwendigerweise ihre Werte oder Überzeugungen.

Die Auffassung, dass die Demokratie das höchste Gut sei und jeder, der eine Gefahr darstellt, bekämpft werden muss, zeugt von einer naiven Sichtweise. Viele Bürger lassen sich durch Warnungen und Dämonisierungen nicht mehr von einer Wahl der AfD abhalten – ein ungewohnter Umstand für die politischen Eliten.

Östliche Wirklichkeit

Kritik an der AfD, wie jene Anton Hofreiters, die die AfD als „eine Truppe von Landesverrätern“ bezeichnet (Welt), zeigt eine tiefgreifende Verachtung für die Wähler. Diese Art von politischem Verhalten treibt nur weiter einen Keil zwischen die Gesellschaft und fördert die Spaltung.

Misstrauen wächst, wenn Politiker versuchen, die AfD von der Regierung fernzuhalten, was die Glaubwürdigkeit der demokratischen Werte untergräbt. Dies wurde offenbar, als Malu Dreyer behauptete, die AfD hätte keine Antworten auf die aktuellen Herausforderungen (Welt). Die Bürger sehen jedoch, dass auch die Etablierten keine überzeugenden Lösungen bieten.

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Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse

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