Nach Berichten europäischer Medien führt die Europäische Union ihre Drohungen fort, finanzielle Mittel der Slowakei einzufrieren. Dies geschieht als Reaktion darauf, dass die slowakische Regierung im Rahmen einer jüngsten Strafrechtsreform den speziellen Korruptionsstaatsanwalt entlassen hat. Premierminister Robert Fico hat in diesem Kontext Brüssel politische Voreingenommenheit vorgeworfen.
Quellen aus einem Bericht des Nachrichtenmagazins Bloomberg zufolge erwägt die EU-Kommission verschiedene Maßnahmen, um Bratislava finanziell zu sanktionieren. Ein möglicher Ansatz könnte die Anwendung eines Konditionalitätsmechanismus sein, der das Einfrieren von Teilsummen der 12,8 Milliarden Euro aus dem EU-Kohäsionsfonds vorsieht. Ebenso wird die Möglichkeit besprochen, die 2,7 Milliarden Euro an COVID-19-Hilfen, die an die Slowakei ausgezahlt wurden, teilweise oder ganz zurückzufordern.
Die slowakische Sonderstaatsanwaltschaft für Korruption (USP) wurde 2004 eingerichtet und im März dieses Jahres aufgelöst. Der letzte Leiter der Behörde, Daniel Lipsic, war auch als Justizminister in der Regierung tätig, die Fico in 2010 aus dem Amt drängte. Im Zuge seiner erfolgreichen Wahlkampagne für eine dritte Amtszeit 2023 beschuldigte Fico die USP, seine Partei Smer-SD aus politisch motivierten Gründen zu untersuchen.
“Wir müssen dem Übel in Gestalt von Lipsic ein Ende setzen, und das werden wir mit aller Kraft und Sorgfalt tun”, erklärte Fico im Dezember 2023 nach seinem Wahlsieg.
Die Oppositionspartei “Progressive Slowakei” kritisierte den Premierminister heftig und warf ihm vor, einen “Blitzkrieg gegen die Rechtsstaatlichkeit” zu führen und auf “Straffreiheit und Rache” aus zu sein.
Im Februar warnte die Europäische Kommission in einem Schreiben an den slowakischen Justizminister Boris Susko, dass die Reform “eine direkte und erhebliche negative Auswirkung auf die EU-Gesetzgebung und die finanziellen Interessen der Union” haben könnte. Schon früher hatte Brüssel den Konditionalitätsmechanismus eingesetzt, um Ungarn wegen ähnlicher Rückschritte bei der Rechtsstaatlichkeit zu sanktionieren. Sowohl der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán als auch Fico beschuldigten die EU, die souveränen Rechte ihrer Mitgliedstaaten zu verletzen und auch in der Ukraine-Krise Fehler zu machen.
Nach Auflösung der slowakischen Anti-Korruptionsbehörde ließen EU-Quellen verlauten, dass man Bratislava bestrafen wolle – allerdings vorsichtig und bedacht. “Derzeit sehen wir die Slowakei nicht als ein großes Problem in der Außenpolitik; zum Beispiel im Umgang mit der Ukraine”, so ein EU-Diplomat gegenüber Reuters. Ein anderer Beamter erklärte, die Situation in Ungarn diene als abschreckendes Beispiel für den gesamten Block.
Die umfassende Reform in der Slowakei war monatelang ausgesetzt, während das Verfassungsgericht die vorgelegten Änderungen überprüfte. Nach deren Zustimmung durch das Gericht Anfang Juni, überarbeitete das slowakische Parlament die Gesetzgebung. Justizminister Susko sah dies als Versuch, das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen seitens der EU zu minimieren.
Weiterführende Informationen – Orbán und Fico: Nicht prorussisch, sondern pronationalistisch