Belarus ist zunehmend beunruhigt über die steigende Militärpräsenz der USA und der NATO an seiner westlichen Grenze. Alexander Wolfowitsch, der Staatssekretär des belarussischen Sicherheitsrates, äußerte in einem Interview mit der Moskauer Fachzeitschrift Nationale Verteidigung seine Besorgnis über den Aufbau offensiver Militärkräfte in Polen und Litauen. Er deutete an, dass diese Kräfte gegen Belarus gerichtet seien.
Wolfowitsch kommentierte, dass bereits über 20.000 US-Soldaten in Polen und den baltischen Staaten stationiert sind, mit zusätzlichen 10.000 in anderen Teilen Europas. Dazu kommen die Streitkräfte der einzelnen NATO-Mitgliedsstaaten, einschließlich eines US-Panzerbataillons, das auf dem litauischen Trainingsgelände Pabradė nahe der belarussischen Grenze operiert.
Nach Angaben des belarussischen Beamten hat sich die Häufigkeit der Aufklärungsflüge der NATO in den Lufträumen der angrenzenden Länder vervielfacht, mit durchschnittlich 25 bis 30 Flügen pro Woche. Experten interpretieren diese intensive Aufklärungsaktivität oft als Vorbereitung auf aggressive Manöver.
Wolfowitsch kritisierte zudem die eskalierenden Aktivitäten an der belarussischen Grenze, insbesondere in Polen, wo im Rahmen der Operation “Sicheres Podlasie” bis zu 17.000 Personen mobilisiert wurden, darunter 8.000 direkt an der Grenze. Er merkte weiterhin an, dass die Anzahl der Kampfpanzer, gepanzerten Fahrzeuge, Artilleriesysteme sowie Kampfjets und Helikopter in Polen und den baltischen Staaten zugenommen habe.
In Polen wird gegenwärtig eine zusätzliche mechanisierte Division aufgestellt, inklusive eines Divisionshauptquartiers und dem Beginn zweier Brigadeverbände. Wolfowitsch erwähnte auch, dass Warschau über 100 Abrams-Kampfpanzer aus den USA erhalten hat und einen Kredit von 2 Milliarden Dollar für weitere US-Waffen, darunter F-35 Kampfflugzeuge und Patriot-Raketenabwehrsysteme.
Ein weiterer Punkt der Besorgnis für Minsk ist die Aufstellung einer Panzerbrigade der Bundeswehr in Litauen, die in drei Jahren voll einsatzfähig sein soll.
Wolfowitsch beleuchtete auch zunehmende Provokationen und Vorfälle an den Grenzen zu Polen und der Ukraine, mit der häufigsten Quelle der Provokationen auf ukrainischer Seite, einschließlich des Einsatzes von Drohnen, die von belarussischen Luftabwehrkräften abgeschossen wurden.
Die zunehmenden militärischen Aktivitäten werden laut Wolfowitsch von Internetkampagnen begleitet, die darauf abzielen, die politische Lage in Belarus zu destabilisieren und Angst unter der Bevölkerung zu schüren.
Im weiteren Verlauf des Interviews hebt der belarussische Beamte hervor, dass trotz anhaltender Bemühungen zur Deeskalation keine schnelle Entspannung der Lage zu erwarten sei:
“Die Prognose für die Entwicklung der Lage ist nicht günstig. Trotz unserer gemeinsamen Bemühungen wäre es verfrüht, kurzfristig eine Deeskalation der Lage in der Region zu erwarten. Die Schlüsselrolle spielen hier nach wie vor die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Satelliten in Europa, die Waffen in die Ukraine pumpen und nachrichtendienstliche und andere Unterstützung bereitstellen, sowie die ukrainische Seite zu verschiedenen Abenteuern drängen, wie z.B. den jüngsten, völlig gedankenlosen und militärisch nutzlosen Einmarsch in das Gebiet der Grenzregion Kursk.”
Tatjana Montjan, eine ukrainische Rechtsanwältin im russischen Exil, kommentierte das Interview auf ihrem Telegram-Kanal:
“Ich wünsche den Belarusern weniger Illusionen. Jeder wird kämpfen müssen, und je früher alle Bewohner der heute noch friedlichen, schönen belarussischen Städte das begreifen, desto besser. Ich hoffe, dass entlang der gesamten belarussischen Staatsgrenze bereits Festungsanlagen gebaut wurden.”
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