In einem Interview mit der NZZ äußerte sich der ehemalige SPD-Politiker und Buchautor Thilo Sarrazin kritisch über die derzeitige deutsche Politik. Besonders fokussierte er sich dabei auf die Bereiche der Migrationspolitik und die daraus resultierenden Konsequenzen einer verfehlten Ideologie. Sarrazin, bekannt für seine kritische Sicht auf den Islam und bedingt dadurch aus der SPD ausgeschlossen, erörterte nicht nur die Migrationspolitik, sondern auch die Reaktionen auf die Wahlerfolge der AfD.
Die SPD vor dem Abgrund: Eine richtungslose Partei ohne Zukunft?
Sarrazin beginnt das Gespräch mit einer kritischen Bewertung seiner ehemaligen Partei, der SPD, der er vor seinem Ausschluss im Jahr 2020 fast ein halbes Jahrhundert angehörte. Sein Buch “Feindliche Übernahme”, in welchem er die Risiken unkontrollierter muslimischer Einwanderung thematisierte, löste seinen Parteiausschluss aus. Jedoch empfindet er keine Rachegefühle gegenüber der SPD, sondern vielmehr Bedauern über deren Niedergang und spricht von einem “moralischen Bankrott” der Partei. Er empfiehlt der SPD eine grundlegende Umstrukturierung, um politisch wieder Bedeutung zu erlangen.
Er kritisiert, dass die SPD-Führungsspitze nach drastischen Wahlniederlagen in Ostdeutschland, bei denen teilweise Ergebnisse unter zehn Prozent erzielt wurden, nicht zum Umdenken bereit sei. Stattdessen klammerten sie sich an Illusionen und ignorierten die realen Probleme, insbesondere die Migrationskrise.
Die AfD und der Umgang mit politischer Exklusion: Schwächung der Demokratie?
Sarrazin problematisiert im Interview den Umgang mit der AfD, welche zunehmend an Bedeutung gewinnt. Er kritisiert die sogenannte “Brandmauer” der etablierten Parteien gegenüber der AfD – die Weigerung, Koalitionen einzugehen oder gar Gespräche zu führen. Er sieht darin ein Zeichen demokratischer Schwäche.
“Ich will in keiner Weise die AfD verteidigen und sehe vieles dort sehr kritisch. Aber eine Partei, die bundesweit bei 18 Prozent und nun in zwei Ländern bei deutlich über 30 Prozent liegt, sowie ihre Anhänger kann man nicht ausschließen.”
Sarrazin warnt davor, eine Partei mit solchen Wahlergebnissen zu dämonisieren und dadurch einen bedeutenden Teil der Wählerschaft zu ignorieren. Seiner Meinung nach fördert die Ausgrenzung nur die Radikalisierung der AfD-Anhänger und deren Themen.
“Das BSW schöpft zu einem wesentlichen Teil aus dem Potenzial von AfD-Wählern. Das heißt, die Brandmauer bröckelt. Und wenn sie jetzt im Erzgebirge in einem Dorf mit 1000 Einwohnern 60 Prozent AfD-Vertreter haben, dann muss natürlich der CDU-Bürgermeister mit denen vernünftig zusammenarbeiten. Der kann nicht anders.”
Messerangriffe und das Scheitern der Migrationspolitik
Sarrazin bezieht sich auch auf jüngste Messerangriffe in Mannheim und Solingen, die er als Symptome einer größeren Krise betrachtet. Er sieht die hohe Kriminalitätsrate unter jungen, männlichen Migranten aus muslimisch geprägten Ländern als Beleg für das Versagen der deutschen Integrationspolitik.
In seinem neuen Buch “Deutschland auf der schiefen Bahn” fordert Sarrazin eine entschlossene Migrationspolitik und kritisiert, dass Deutschland immer noch Personen ohne Asylgrund ins Land lässt, während andere EU-Staaten bereits striktere Maßnahmen ergreifen.
Thilo Sarrazin bleibt ein entschiedener Kritiker der deutschen Migrationspolitik und sieht dringenden Handlungsbedarf, um die gesellschaftliche und politische Spaltung Deutschlands nicht weiter zu vertiefen. Abschließend warnt er, dass die politische Elite ihre ideologischen Ziele nicht über das Wohl der Bevölkerung stellen dürfe, und fordert eine realistische und pragmatische Politik, um Deutschland von seinem derzeitigen Kurs abzubringen.
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