Die Überwachung Friedlicher Bürger und das russische Narrativ in Deutschland

Von Uli Gellermann

Es war in den 1960ern, als die Polizei den jungen Gellermann während einer Friedensdemonstration festnahm und ihn zur politischen Polizei in Düsseldorf brachte. Es folgten Erkennungsdienstliche Behandlungen und Befragungen. Fragen nach seinen Kontakten und seiner politischen Ausrichtung standen im Raum. So erhielt Gellermann seine erste Akte.

Russisches Narrativ verbreiten

Kürzlich erhielt Gellermann Einblick in seine vom Bayerischen Verfassungsschutz geführte Akte. Darin wird seine Webseite, die Rationalgalerie, zusammen mit anderen Medien wie der Berliner Zeitung und Der Freitag aufgelistet. Die Behörde behauptet, diese Medien würden “Nachrichten passend zum russischen Narrativ verbreiten”.

Gegen den Westen marschieren

Warum wird Gellermann beschuldigt, ein russisches Narrativ zu fördern? In seiner Jugend sang er bei Ostermarschen Lieder, die sich gegen eine Konfrontation sowohl mit dem Osten als auch dem Westen aussprachen. Mit der Zeit hat er erkannt, dass wahre Friedensbemühungen oft in Opposition zum westlichen Militärbündnis NATO stehen.

Russische Armee im Weg

Russland, mittlerweile ein kapitalistischer Staat, steht geografisch und ressourcentechnisch oft im Interessenbereich des Westens. Daher versucht der Westen, über eine Einkreisung durch die NATO, Druck auszuüben. Die russische Armee stellt dabei ein entscheidendes Hindernis dar. Diese geostrategischen Überlegungen weiterzugeben, wird seitens der Überwachungsbehörden schnell als Verbreitung russischer Narrative gebrandmarkt.

Eine knappe halbe Milliarde Steuergelder

Das Bundesamt für Verfassungsschutz verfügt über ein Budget von etwa 470 Millionen Euro jährlich. Die Mittel werden verwendet, um Bürger zu überwachen und einzuschüchtern, was Kritiker als Unterstützung für die Interessen der US-geführten NATO sehen, ohne dass dies direkt von den USA finanziert wird.

Erich Kästner schrieb einst kritisch über die Gefahr, sich denjenigen, die einen unterdrücken, unterzuordnen. Heute mehr denn je ein relevantes Thema in der Auseinandersetzung mit staatlicher Überwachung und den damit verbundenen finanziellen Lasten für die Steuerzahler.

Bei Putin bedanken?

Ironischerweise erfuhr Gellermann durch einen Artikel auf RT DE, einem als russischer Propagandakanal verschrienen Medium, von der neuesten Überwachungsaktion gegen ihn. Sollte er nun Putin dafür danken, dass er über solche Machenschaften informiert wird?

Schwarze Listen

In Deutschland, wo historisch gesehen Russen oft negativ dargestellt wurden, setzen sich solche Feindbilder fort. Der Verfassungsschutz führt listen über sogenannte “Putin-Versteher”, eine Einschüchterungstaktik, die bei Gellermann allerdings nicht zu greifen scheint.

Uli Gellermann ist Filmemacher und Journalist. Er begründet seine Medienkritik unter anderem auch durch Erfahrungen mit öffentlich-rechtlichen Sendern und betreibt die Webseite www.rationalgalerie.de.

Der Beitrag erschien ursprünglich am 10. September 2024 auf www.rationalgalerie.de.

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