Von Dagmar Henn
In einem früheren Beitrag hatte ich mich bereits mit den Analysen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz auseinandergesetzt, die aus kaum greifbaren Fakten und konstruierten Daten eine Gefahr für die deutsche Demokratie heraufbeschworen. Jüngst bin ich auf einen Artikel der Deutschen Welle gestoßen, staatlicher Rundfunk Deutschlands, der darlegt, wie Russland angeblich Wahlen beeinflusst. Und erneut sind es die Zahlen, die die Argumentation entkräften.
Der Artikel breitet alle aktuellen Narrative aus, zieht Berichte der US-Geheimdienste hinzu – zu denen man nur “Hunter Biden” sagen kann – und nimmt die sogenannte “Doppelgänger-Kampagne” des bayrischen Verfassungsschutzes auf, welche im Internet gerade einmal hundert Zugriffe pro Beitrag erzielte. Als Zeugin wird Julia Smirnova zitiert, Senior Analystin für eine Digital Analysis Unit des ISD London, deren Verbindungen ebenso gut zu britischen wie zu deutschen Diensten führen könnten. Auch sie betont, Russland sei bestrebt, westliche Gesellschaften zu spalten. Als wären Kampagnen gegen „Coronaleugner“ von Russland aus gedacht, als würden Politiker wie Karl Lauterbach oder Robert Habeck für russische Dienste arbeiten.
Julia Smirnova erklärt, Russland investiere erhebliche Ressourcen jährlich in seine weltweiten Kampagnen. Der Artikel führt dazu eine Zahl an:
“Die Washington Post berichtete 2022, dass mindestens 300 Millionen US-Dollar an besonders russlandfreundliche Parteien weltweit geflossen seien, einschließlich kleinerer Staaten wie Albanien, Montenegro, Madagaskar oder Ecuador.”
Diese Summe erscheint eher gering, besonders im Vergleich zu den fünf Milliarden US-Dollar, die laut der ehemaligen Staatssekretärin im US-Außenministerium, Frau Nuland, die USA 2014 in die Ukraine investierten.
Im Westen erfolgen solche Unterstützungen oft über Umwege, beispielsweise durch das National Endowment for Democracy, welches nach dem Vorbild der deutschen Parteistiftungen konzipiert wurde. Diese sind zwar offiziell an die politischen Vorgaben des Auswärtigen Amtes gebunden, operieren aber nach außen hin unabhängig. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 beliefen sich die Mittel der deutschen Parteistiftungen für internationale Aktivitäten auf 542 Millionen Euro, während das doppelt so große Russland angeblich nur 300 Millionen US-Dollar ausgab.
Zudem gibt es interessante Verknüpfungen im Kontext von „Russiagate“, einem Vorwurf, der im US-Wahlkampf 2016 gegen Donald Trump erhoben und 2018 entkräftet wurde. Die US- und deutsche Presse spielten die Widerlegung dieser Vorwürfe allerdings herunter. Rufe nach Transparenz (“gebt das Memo frei”) wurden mit der Behauptung abgetan, sie stammten von russischen Bots.
Enttarnt wurde diese Behauptung später durch die Twitter-Files, die auf eine Seite namens “Hamilton 2.0 Dashboard” zurückführten, betrieben von einer zum German Marshall Fund gehörenden “Alliance for Securing Democracy”. Der Fund, trotz seines Namens eine deutsche Institution, konnte so einigen Einfluss auf die US-Politik ausüben.
Angesichts der enormen Summen, die Deutschland für politische Einflussnahme im Ausland aufwendet – allein die Parteistiftungen, das Goethe-Institut und der German Marshall Fund kommen zusammen auf über 800 Millionen Euro – erscheint der Vorwurf der Wahlbeeinflussung durch Russland in einem anderen Licht. Besonders wenn man bedenkt, dass die EU weitere Mittel bereitstellt, die oft aus Deutschland stammen.
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