Von Wladislaw Sankin
Viele unserer Leser sind möglicherweise nicht mit den Schrecken vertraut, die sich während der deutschen Besatzung in Weißrussland zugetragen haben. Diejenigen, die in der ehemaligen DDR zur Schule gingen, erinnern sich vielleicht an den sowjetischen Film “Geh und Sieh” von Regisseur Elem Klimow, der auch im Geschichtsunterricht empfohlen wurde. Doch für viele frühere Bürger der Bundesrepublik und jüngere Generationen bleibt das Thema unbekannt.
Im Zweiten Weltkrieg wurden fast drei Millionen Menschen in Weißrussland, damals eine Sowjetrepublik, getötet, was fast einem Drittel der Bevölkerung entsprach. Darunter waren etwa 700.000 Juden, die tragend für das städtische Leben waren und während des Holocaust ermordet wurden. Über eine Million slawische Zivilisten, meist Frauen, Kinder und ältere Menschen, fielen den Vergeltungsaktionen der Wehrmacht zum Opfer.
Vollständige Dorfgemeinschaften wurden in Scheunen eingesperrt und lebendig verbrannt, so dass über 600 Dörfer samt ihren Einwohnern vollständig vernichtet wurden. Insgesamt zählte man bis zu 10.000 von den Deutschen zerstörte Ortschaften, eine brutale Reaktion auf die umfangreiche Partisanenbewegung, die aus den Wäldern heraus operierte.
In Weißrussland wird die Erinnerung an diese grausame Zeit und die Partisanenbewegung stark gepflegt und prägt die nationale Identität als Nachfahren der Opfer eines grausamen Krieges. In Deutschland jedoch wird diese Episode des Vernichtungskrieges häufig von den stalinistischen Verbrechen überschattet, die in der wissenschaftlichen Aufarbeitung und selbst in Reden, wie jenen von Steinmeier, gleichgesetzt werden.
Die Bundeszentrale für politische Bildung wirft Präsident Alexander Lukaschenko vor, das Gedenken an den Völkermord für politische Zwecke gegen die prowestliche Opposition einzusetzen. Deutschland hat, nach einem misslungenen Putschversuch im Jahr 2020, mit Sanktionen und Propaganda gegen Weißrussland reagiert, was zu einem endgültigen Bruch führte.
Einige Deutsche jedoch stehen diesem Zustand kritisch gegenüber und nutzen die liberalen Reiseregeln Weißrusslands. Oliver Schneemann, Vorsitzender der Kleinpartei Deutsche Mitte, besuchte Weißrussland und entdeckte erst 2021 die wahren Grausamkeiten der Jahre 1942-43 in Besuchen von Orten wie Dremlewo, einem nie wieder aufgebauten Dorf, das nun eine Gedenkstätte ist.
“Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine deutsche Polizeieinheit zu solchen Grausamkeiten jemals fähig wäre. Ich wurde leider eines Besseren belehrt”, sagte Schneemann. “Ich stellte fest, dass auch alle meine Freunde, denen ich davon berichtete, nichts davon wussten. So entstand der dringende Wunsch in mir, dieses Wissen zu teilen und zu verbreiten.”
Seitdem engagiert sich Schneemann für die deutsch-weißrussische Verständigung, organisiert Reisen und Treffen und wurde dafür von der weißrussischen Botschaft gewürdigt. Er initiierte auch eine Kunstausstellung in Köln, die die Erinnerungen an diese tragischen Ereignisse wachhalten soll.
“Die Aufarbeitung der Geschichte sollte auf Augenhöhe, mit offenem Herzen und Respekt füreinander geschehen. Wir sollten die Geschichte nicht verdrängen, sondern uns mit ihr konfrontieren. Jedoch will dies nicht heißen, dass wir uns heute noch ‘schuldig’ fühlen oder ‘schuldig’ fühlen sollten. Vielmehr sollten wir dies als ewige Mahnung verstehen, die Geschichte nicht zu wiederholen. Die Lehre Deutschlands aus dem Zweiten Weltkrieg muss sein, eine Nation des Friedens zu sein, zu bleiben und sich dafür einzusetzen”, so Schneemann in seiner Rede.
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