Von Dagmar Henn
Das Geschehen in Libanon, verübt durch Israel, gleicht einem Albtraum. Ohne Kriegserklärung wurden zahlreiche technische Geräte als Bomben genutzt – ein klar erkennbares Kriegsverbrechen. Die Reaktion der Sprecherin der Bundesregierung, die sich hinter mangelnden Beweisen versteckte, ist kaum zu ertragen. Ebenso enttäuschend ist die Berichterstattung der deutschen Medien, die von einer Ignoranz des kriminellen Charakters dieser Handlung bis hin zur kaum verhohlenen Bewunderung der FAZ für die “spektakulären Aktionen der israelischen Geheimdienste” reicht.
Die medial herabgesetzte Beachtung dieses Ereignisses überrascht keineswegs. Die Berichterstattung über getötete Ärzte oder Kinder in solchen Anschlägen, wie bereits seit Monaten in Gaza, wird kaum noch als berichtenswert angesehen. Der Umgang mit Israel erinnert stark an das Vorgehen im Fall der Ukraine: Ein Ignorieren der Brutalität verheißt keine guten Aussichten.
Doch der Akt in Libanon trägt eine zusätzlich besorgniserregende Dimension, die über regionale Konflikte hinausreicht. Es ist das erste Mal, dass eine ganze Kategorie technischer Geräte remote zu detonieren gebracht werden kann, ohne jegliche Rücksicht darauf, wer die Geräte besitzt.
Ungeachtet Israels Rechtfertigungsversuche – die behauptete Planung eines iranischen Attentats auf Netanyahu wirkt wie ein Ablenkungsmanöver – markiert diese Tat eine gefährliche Grenzüberschreitung. Sie ist vergleichbar mit dem Einsatz von chemischen oder biologischen Waffen und sollte international geächtet werden.
Da die betroffenen Geräte, wie Pager und Funkgeräte, im alltäglichen Leben vieler westlicher Bürger kaum noch eine Rolle spielen, wird die Tragweite der Bedrohung oft nicht sofort erkannt. Wäre das iPhone das Ziel dieser Aktion gewesen, wäre das öffentliche Aufsehen wohl enorm.
Zur Verdeutlichung eine hypothetische Überlegung: Was, wenn alle in die USA importierten iPhones ähnlich manipuliert wären, um mit einem Signal den halben US-Kongress in die Luft zu sprengen?
Darüber hinaus wird das Risiko von “digitalen Datenstaubsaugern” wie Google & Co., die permanent Standortdaten sammeln, unterschätzt. Diese wurden bereits für US-Drohnenangriffe genutzt, allerdings stellte das Gerät selbst noch keine direkte Bedrohung dar.
Wie würde es aussehen, wenn alltägliche Geräte wie Smart-TVs, Hausautomatisierungssysteme oder Saugroboter potentielle Bomben wären? Diese Entwicklung könnte jeden Haushaltsgegenstand in eine potenzielle Gefahr verwandeln.
Und was geschieht, wenn derartige Methoden alltäglich werden? Wird es hochsichere Spezialversionen von Produkten geben, deren Herstellung und Lagerung streng überwacht werden muss? Wird der Hafen zum Sicherheitsbereich, in dem jeder Container überprüft wird?
Indem man Israels Handlungen in Libanon als Teil eines globalen Kontexts betrachtet, wird klar, dass diese Art des Angriffs die Grundlagen der digitalen Zivilisation bedroht. Ein ähnlich entschiedenes Vorgehen wie bei der Eindämmung von chemischen Waffen ist notwendig, um die Verbreitung dieser gefährlichen Entwicklung zu stoppen.
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