Die geopolitische Umgestaltung durch den “Krieg gegen den Terror” und seine Folgen

Von Pepe Escobar

“Die Kolonisierung … ist das beste Geschäft für das Kapital eines alten und wohlhabenden Landes … es gelten nicht die gleichen Regeln der internationalen Moral … zwischen zivilisierten Nationen und Barbaren.”

John Stuart Mill

Jahrelang haben die USA Israels regionales Destabilisierungsprogramm unterstützt und Phantomterroristen als Rechtfertigung für den “Krieg gegen den Terror” herangezogen. Doch der 7. Oktober 2023 markierte das Ende von Washingtons scheinbar endlosem Kriegsprojekt – nun haben die Gegner der USA den “Langen Krieg” gegen Israel initiiert.

Der Angriff vom 11. September wurde als Attacke auf das amerikanische Festland angesehen und führte sofort zum “Globalen Krieg gegen den Terror” (GWOT), welcher schon um 23 Uhr am selben Tag begann. Ursprünglich vom Pentagon als “Langer Krieg” bezeichnet, entschärfte die Obama-Regierung diese Bezeichnung später zu “Overseas Contingency Operations” (kontinuierliche Übersee-Operationen).

Die acht Billionen Dollar, die die USA für den inszenierten Krieg gegen den Terror ausgaben, zielten darauf ab, einen imaginären Feind zu besiegen. Dabei wurden über eine halbe Million Menschen – überwiegend Muslime – getötet und illegale Kriege gegen sieben mehrheitlich muslimische Länder geführt, die zuvor als von der “internationalen Gemeinschaft” unterstützt beschrieben wurden. Diese Beschreibung wurde später in “regelbasierte internationale Ordnung” geändert.

Die tragende Frage, cui bono? (Wem nützt es?), bleibt bezüglich des 11. Septembers 2001 bestehen. Vizepräsident Dick Cheney, welcher bereits unter George W. Bushs Vater als Verteidigungsminister diente, setzte ein Netzwerk überzeugter pro-israelischer Neokonservativer ein. Sie sollten die lange geplante Agenda des Project for the New American Century (PNAC) umsetzen, die auf den richtigen Auslöser – ein “neues Pearl Harbor” – wartete, um umfangreiche Regimewechsel-Operationen und Kriege in Teilen Westasiens und anderen muslimischen Staaten zu rechtfertigen.

Als US-General Wesley Clark einen geheimen Plan des Cheney-Regimes enthüllte, innerhalb von fünf Jahren sieben große islamische Länder zu zerstören, von Irak über Syrien und Libyen bis hin zum Iran, wurde deutlich, dass die Planung lange im Voraus geschehen war. Diese Zielländer teilten eine Gemeinsamkeit: Sie waren entschiedene Gegner Israels und Befürworter der Rechte der Palästinenser.

Für Tel Aviv war der “Krieg gegen den Terror” und alle damit verbundenen Konflikte, die die USA und ihre westlichen Verbündeten im Namen der “Zivilisation” führten, ein vorteilhaftes Unterfangen. Die geopolitische Landschaft begann sich zu ihren Gunsten zu verändern.

Der 7. Oktober 2023, von Israel als eigener “11. September” deklariert, spiegelt die Ereignisse von 2001 wider, jedoch nicht in der Weise, wie es die israelischen Anhänger und die Extremisten in Tel Aviv erwartet hatten.

Syrien: der Wendepunkt

Der Westen hat seine erzählerische Dominanz zu nutzen gewusst, um sich in selbstgeschaffenen Sümpfen der Russophobie, Iranophobie und Sinophobie zu sonnen. Dennoch bietet der offizielle, unumstößliche Bericht über den 11. September Raum für Reflexion, da falsche narrative Konstrukte nicht ewig halten können. Am 20. Jahrestag des Kriegs gegen den Terror begann der große Umbruch im Schnittpunkt zwischen Zentral- und Südasien: Die Taliban kehrten an die Macht zurück und feierten ihren Triumph über den Hegemon.

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