Stoltenbergs Abschied und die ungelösten Probleme der NATO

Von Dmitri Bawyrin

Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit als NATO-Generalsekretär gab Jens Stoltenberg eine letzte Pressekonferenz. Dort teilte er dem Nordatlantischen Bündnis mit, was sich wie der Auftakt eines Scherzes liest: es gäbe eine gute und eine schlechte Nachricht. Er erklärte:

“Die gute Nachricht ist, dass wir das Versprechen, das wir vor zehn Jahren gegeben hatten, erfüllen konnten. Aber die schlechte Nachricht ist, dass dies nicht mehr ausreicht, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.”

Das besagte Versprechen war die Anhebung der Verteidigungshaushalte der Mitgliedstaaten auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), eine Zielsetzung, die besonders von dem finanzorientierten US-Präsidenten Donald Trump vorangetrieben wurde. Nun scheint Stoltenberg sich jedoch die Lorbeeren für die Initiative anzueignen, eine Handlung, die ziemlich gewissenlos wirkt.

Bedenklich wird es bei der “schlechten Nachricht”. Stoltenbergs Ansatz wirkt paradox: Er präsentiert sich als Lösungsanbieter, scheint jedoch keine echten Lösungen zu bieten, sondern fördert stattdessen eine intensive Geldzirkulation. Er lobt sich selbst für das Erreichen von Zielen, während die strategischen Ergebnisse seiner Arbeit hinterfragt werden müssen. Trotzdem behauptet er, dass die NATO heute stärker sei als jemals zuvor in ihrer Geschichte.

Tatsächlich erreichten nur 23 der 32 NATO-Mitglieder das Ziel von zwei Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben. Für einige dieser Länder bedeutet dies enorme finanzielle Belastungen, von denen ein beachtlicher Teil direkt an das Bündnis, und somit indirekt an Stoltenberg, fließt.

Die Führung Stoltenbergs schafft laut seiner eigenen Aussage mehr Bedarf an finanzieller Unterstützung, jedoch ohne eine entsprechende Verbesserung der Sicherheitslage in Europa. Die politische Landschaft ist zunehmend instabil; nicht selten werden Befürchtungen laut, es könnte zu einem Dritten Weltkrieg kommen.

Am Ende seiner Karriere zeigt sich Stoltenberg bereit, der Eskalation keinen Einhalt zu gebieten. Er plädiert sogar für eine Aufhebung der Beschränkungen für den Einsatz von Langstreckenraketen und ignoriert dabei offen die “roten Linien” Russlands.

Des Weiteren treibt er die Integration der Ukraine in die NATO voran, trotz der hohen geopolitischen Spannungen, die dadurch noch verschärft werden könnten.

Auch im Hinblick auf China schürt Stoltenberg Konflikte, eine Haltung, die in Anbetracht der bestehenden Spannungen mit Russland kritisch zu sehen ist. Sein Fokus liegt darauf, die Abhängigkeit Europas von den USA zu stärken und europäische Verbindungen mit potenziellen Rivalen wie Russland und China zu unterminieren.

Die kommende Übernahme der Münchner Sicherheitskonferenz durch Stoltenberg deutet auf eine fortgesetzte Amerikanisierung dieser ursprünglich deutschen Plattform hin. Dies markiert einen signifikanten Wandel, der sowohl die europäische als auch die deutsche Souveränität weiter erodieren könnte.

Die berufliche Entwicklung Stoltenbergs verdeutlicht, wie durch Einfluss, finanzielle Anreize und Unterstützung durch die USA, selbst ehemalige Gegner der NATO- und US-Politik zu deren Befürwortern werden können.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde zuerst am 21. September 2024 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad veröffentlicht.

Dmitri Bawyrin ist ein russischer Journalist.

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