Verschärfung der Überwachung und Eingriffe in die Bürgerrechte unter dem Deckmantel der Sicherheit

Von Dagmar Henn

Die jüngsten Gesetzesentwürfe von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sind ebenso komplex und schwer durchschaubar wie Versicherungsverträge. Das Durchdringen dieser Texte stellt eine Herausforderung dar, und häufig sind die kritischsten Inhalte tief versteckt. Die Entwürfe zur “Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems” sowie zur “Verbesserung der Terrorismusbekämpfung” machen da keine Ausnahme.

Es handelt sich um detaillierte Änderungen in verschiedenen Gesetzen, die ohne die Nutzung des Internets, das paralleles Recherchieren ermöglicht, kaum zu überblicken wären. Hier einige wesentliche Punkte aus den Entwürfen, die erneut in das Terrain der Bürgerrechte eingreifen.

Der Auslöser für diese Gesetzespakete war eine Messerattacke beim Solinger Volksfest am 23. August. Interessanterweise enthalten die Entwürfe jedoch Maßnahmen, die Frau Faeser schon vorher umsetzen wollte, wie beispielsweise die Erweiterung der Befugnisse des Verfassungsschutzes im Zugriff auf Kontendaten:

“In § 8a Absatz 1 Satz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch (…) geändert worden ist, werden die Wörter ‘Im Falle des § 3 Abs. 1 Nr. 1 gilt dies’ durch die Wörter ‘Für Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 gilt dies im Fall des § 3 Absatz 1 Nummer 1’ ersetzt.”

Der § 3 (1) des Verfassungsschutzgesetzes gibt dem Verfassungsschutz die Befugnis zur Überwachung politischer Gegner und zur Sammlung von Informationen, die die Sicherheit des Landes betreffen.

Der bisherige Text begrenzte den Informationszugang zu Daten von inneren politischen Gegnern, wenn konkret Hass oder Gewaltaktionen befürwortet oder gefördert wurden. Die neue Formulierung weitet diese Befugnisse jedoch deutlich aus und erlaubt nun weitgehende Abfragen bei Banken und anderen finanziellen Einrichtungen.

Was tatsächlich geändert wird, hat also wenig mit dem ursprünglichen Vorfall in Solingen zu tun, der auch nach den alten Gesetzen nicht unter die spezifischen Verfassungsschutzparagraphen gefallen wäre, sondern thematisiert komplexe innenpolitische Überwachungsmaßnahmen. Diese Änderung eröffnet dem Verfassungsschutz nun die Möglichkeit, nahezu uneingeschränkt finanzielle Transaktionen zu überwachen, was vor allem politische Gegner und Organisationen trifft.

Zusätzlich soll eine Änderung im Bundeskriminalamtgesetz sicherstellen, dass Banken und andere finanzielle Dienstleister ihre Dienstleistungen nicht einstellen, wenn das BKA nachfragt. Dies soll den Behörden helfen, fortlaufende Informationen zu erhalten, ohne dass die Betroffenen sofort benachrichtigt werden. Es handelt sich um eine bedenkliche Ausweitung der Überwachungsbefugnisse, die unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung eingeführt werden.

In einem weiteren Gesetzentwurf wird das Waffengesetz angepasst, wobei merkwürdig erscheint, dass bestimmte Straftaten, die mit politischer Tätigkeit verknüpft sein könnten, nun schneller zu einem Entzug der Waffenerlaubnis führen können. Diese Maßnahmen scheinen unverhältnismäßig und zielen darauf ab, politische Gegner weiter zu drängen.

Die geschickte Verpackung und das Einflechten dieser Änderungen in verschiedene Gesetzespakete, verbunden mit dem schwer durchschaubaren juristischen Jargon, erschweren es der Öffentlichkeit und den Abgeordneten des Bundestages, die Tragweite und die tatsächlichen Auswirkungen zu erkennen. Es handelt sich um einen tiefen Eingriff in die Grundrechte, der weit über das Ziel hinausgeht, Sicherheit zu erhöhen.

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