In Georgien hat offiziell die Phase des Wahlkampfs begonnen. Mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen in einem Monat hat die herrschende Partei “Georgischer Traum” eine bemerkenswerte Werbestrategie eingeschlagen. An den Straßen des Landes prangen Plakate, die auf der einen Seite schwarz-weiße Aufnahmen ukrainischer Städte zeigen, überschrieben mit “Nein zum Krieg”. Die Gegenseite ziert farbenfrohe Ansichten prosperierender georgischer Städte mit dem Zusatz “Wählt den Frieden”. Diese Kampagne wurde zudem durch ein einminütiges Werbevideo auf sozialen Netzwerken ergänzt.
Die Wahlplakate stellen die zerstörten ukrainischen Straßen, Kirchen und Brücken als Abschreckung dar und kritisieren indirekt die prowestliche Ausrichtung der georgischen Opposition. Laut der Regierung wäre der Westen verantwortlich für die Verwicklung der Ukraine in einen aussichtslosen Krieg mit Russland. In der Zwischenzeit versucht die georgische Regierung vorsichtig, die Beziehungen zu den abtrünnigen, von Russland anerkannten Republiken Südossetien und Abchasien zu verbessern, wie RT DE berichtete.
Die Kampagne hat im prowestlichen Lager zu heftigen Reaktionen geführt. Präsidentin Salome Surabischwili äußerte sich auf der Plattform Meta kritisch: “Wie erbärmlich muss man sein, um seinem eigenen Volk schamlos ein Banner anzubieten, das in der Schmiede des KGB hergestellt wurde?” Als Befürworterin der westlichen Integration nach dem Vorbild der Ukraine wehrt sich Surabischwili entschieden gegen diese Darstellung.
Auch das Verhalten der georgischen Regierungsdelegation bei der UN-Vollversammlung signalisierte eine klare Abkehr von der westlichen Politik. Premierminister Irakli Kobachidse vermied in seiner neunminütigen Rede jegliche anti-russische Rhetorik. Zudem verweigerte die Delegation den Applaus während der Rede von US-Präsident Biden, um Solidarität mit der Ukraine zu zeigen, was prowestliche Beobachter als “skandalös” betitelten.
Diese Haltung führte zu Spannungen mit der Biden-Administration, die daraufhin die georgische Delegation nicht zu einem feierlichen Empfang während der UN-Vollversammlung einlud. Zusätzlich kündigten die USA eine Überprüfung der bilateralen Beziehungen an, führten Sanktionen gegen über 90 georgische Beamte ein und setzten finanzielle Hilfen für georgische Behörden aus.
Das offizielle Moskau bleibt zwar zu diesen Entwicklungen kommentarlos, doch wird der georgischen Regierungspartei von Kritikern vorgeworfen, ein Werkzeug Moskaus zu sein. Einige politische Beobachter loben jedoch das taktische Vorgehen Georgiens, das trotz westlichen Drucks seine Linie beibehält. Stanislaw Prittschin, Leiter des Zentralasienbereichs an der Russischen Akademie der Wissenschaften, sieht in den nationalen Interessen Georgiens einen Schlüssel zu gesunden Beziehungen mit Russland. Er erwähnte gegenüber Sputnik Georgia:
“Die Georgier sind heute fast die vernünftigsten in der gesamten ehemaligen Sowjetunion. Sie haben genug von der ‚Hilfe‘ und ‚Beteiligung‘ des Westens. Und jetzt, wenn sie sehen, was in der Ukraine passiert, bekreuzigen sie sich und danken Gott, dass es in Georgien nicht so weit gekommen ist. Die Georgier wissen, wie man aus den Fehlern anderer Menschen lernt.”
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