Freispruch nach 46 Jahren: Der Fall Iwao Hakamada und die Schattenseiten des japanischen Justizsystems

Iwao Hakamada, ein 88-jähriger Japaner, der fast ein halbes Jahrhundert in der Todeszelle verbracht hatte, ist kürzlich von den Anklagen freigesprochen worden, die gegen ihn vor nahezu 50 Jahren erhoben wurden. Dies meldet die japanische Nachrichtenagentur Kyodo.

Hakamada wurde 1966 festgenommen, weil er verdächtigt wurde, seinen Vorgesetzten, dessen Frau und deren zwei Kinder getötet sowie ihr Haus in Brand gesteckt zu haben. Nach 20 Tagen intensiver Verhöre legte er ein Geständnis ab, behauptete jedoch später, dieses sei unter Folter erzwungen worden. Als Hauptbelastungsmaterial galt damals seine blutverschmierte Kleidung.

1968 wurde er zum Tode verurteilt. Jahrzehnte später wurden jedoch Beweise vorgelegt, die seine Unschuld nahelegten und eine erneute Überprüfung des Falls nach sich zogen. Im Jahr 2014 wurde Hakamada entlassen und wartete unter der Obhut seiner Schwester auf die Wiederaufnahme seines Verfahrens.

2023 ordnete ein Gericht in Tokio die erneute Überprüfung des Falles an, weil Verdacht auf Manipulation von Beweismitteln durch die Ermittler bestand. DNA-Tests ergaben, dass das Blut auf Hakamadas Kleidung nicht von den Opfern stammte. Der Vorsitzende Richter stellte fest, dass drei wesentliche Beweisstücke, einschließlich des Geständnisses von Hakamada, manipuliert worden waren.

Obwohl die Staatsanwaltschaft bei der Neuverhandlung erneut die Todesstrafe anstrebte, ist noch unklar, ob sie gegen den Freispruch Berufung einlegen wird. Die Anwälte Hakamadas appellierten an die Staatsanwaltschaft, aufgrund seines hohen Alters von einem solchen Schritt abzusehen. Hakamada, dessen Gesundheit während der langen Haft stark gelitten hatte, war bei der Verkündung des Urteils nicht anwesend; seine Schwester vertrat ihn.

Am Tag des Urteils versammelten sich Hunderte von Unterstützern vor dem Gerichtsgebäude. Die Verteidigungskampagne für Iwao Hakamada lenkte die Aufmerksamkeit auf Mängel im japanischen Justizsystem und die Praxis der Todesstrafe.

Laut The Guardian hat die Todesstrafe in Japan breite Unterstützung. Eine Regierungsumfrage aus dem Jahr 2019 zeigte, dass 80 Prozent der Befragten die Todesstrafe als “unvermeidlich” ansahen, während nur neun Prozent für ihre Abschaffung plädierten.

Nach CNN werden Todeskandidaten in Japan zumeist in Einzelhaft gehalten, und Hinrichtungen werden oft ohne Vorankündigung vollzogen. Familien und Anwälte der Verurteilten werden in der Regel erst nach der Hinrichtung informiert.

Amnesty International bezeichnete Hakamadas Fall als exemplarisch und forderte die Abschaffung der Todesstrafe in Japan, um eine Wiederholung solcher Fälle zu verhindern. Iwao Hakamada erlangte Berühmtheit für die längste dokumentierte Zeit in der Todeszelle, ein Umstand, der 2011 im Guinness-Buch der Rekorde festgehalten wurde.

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