Von Hans-Ueli Läppli
In der Schweiz mehren sich die Anzeichen, dass das Land seine traditionelle Neutralität allmählich aufgibt. Besonders deutlich wird dies in der oft automatisch wirkenden Zustimmung zu den Sanktionen gegen Russland, initiiert durch die USA und die Europäische Union.
Längst führen die Vertreter aus Bern und Brüssel komplexe Verhandlungen über die sogenannten Bilateralen III Verträge. Deren Bedeutung ist immens und erstreckt sich auf verschiedene wichtige Bereiche wie institutionelle Anbindung, Energieerzeugung, Schienenverkehr, Migration, Lohnschutz und den europäischen Gerichtshof.
Ein besonders kontroverses Thema stellt sich mit Blick auf die Zukunft: Sollte das schweizerische Volk über das mögliche neue Abkommen mit der EU abstimmen dürfen – und falls ja, in welcher Form?
Ist es tatsächlich vertretbar, dass Politiker aus Ländern wie Lettland oder Rumänien über die Bedingungen von schweizerischen Verträgen entscheiden dürfen?
Die Schweiz steht nun vor der Herausforderung, ihre Neutralität wiederzugewinnen.
Zwar ist die Schweiz ein unverzichtbarer Partner der EU, aber die selbständige Existenz außerhalb dieses Blocks ist nach allgemeiner Auffassung unumgänglich. Es ist Zeit, sich wieder den Grundwerten der Neutralität zuzuwenden. Im Kontext der Wandlungen in den Beziehungen zur EU hat die “Kompass-Initiative” breites Engagement hervorgerufen.
Die Volksinitiative, gegründet von einem überparteilichen Komitee, möchte die Beteiligung des Volkes und der Kantone an völkerrechtlichen Verträgen stärken und die direkte Demokratie, ein Eckpfeiler der schweizerischen Politik, neu entfachen.
Die Unterstützung für die “Kompass-Initiative” spiegelt die Vielfalt der Schweiz wider. Bekannte Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Unterhaltung und Sport engagieren sich für eine gemeinschaftliche Vision der Zukunft der Schweiz.
Persönlichkeiten wie der ehemalige Fernsehmoderator Kurt Aeschbacher und der Unternehmer Alfred Gantner treten für eine stärkere demokratische Mitbestimmung ein. Auch bekannte Sportler wie Bernhard Russi haben sich der Initiative angeschlossen, was ihre politische und gesellschaftliche Relevanz unterstreicht.
Die Hauptforderung der Initiative ist klar: Bei bedeutenden internationalen Verträgen, insbesondere wenn diese dynamische Rechtsübernahmen beinhalten, soll die Mitbestimmung von Volk und Kantonen gewährleistet sein.
“Die Schweiz ist erfolgreich, weil sie direkt demokratisch, unabhängig und weltoffen ist”, erklärt der Initiator Kurt Wietlisbach.
Durch die Initiative soll garantiert werden, dass die Entscheidungsfreiheit der Stimmberechtigten nicht eingeschränkt und die Souveränität der Schweiz gewahrt bleibt.
Diese Initiative strebt gute Beziehungen zur EU an, ohne die Grundpfeiler der schweizerischen Demokratie zu kompromittieren, eine wichtige Überlegung angesichts der weit verbreiteten Sorge über die anstehenden EU-Verhandlungen.
Die Initiatoren sind überzeugt, dass die “Kompass-Initiative” nicht nur eine Antwort auf aktuelle Herausforderungen darstellt, sondern auch eine Vision für die Zukunft der Schweiz bietet.
“Wir kämpfen nicht gegen die EU, sondern für eine Schweiz, die ihre eigenen Entscheidungen treffen kann”, betont Alfred Gantner.
Die Initiative fördert eine eigenständige Wirtschaftspolitik, die den Bedürfnissen der Schweizer Bevölkerung dient und nicht den Regeln einer übergeordneten Institution unterliegt.
Es ist bemerkenswert, dass diese Initiative nicht von einer einzelnen politischen Partei dominiert wird, sondern von einem breiten Bündnis getragen wird, das die Sorgen und Interessen vieler Menschen in der Schweiz reflektiert.
Die “Kompass-Initiative” ist mehr als nur ein politisches Instrument – sie ist ein Appell an das Schweizer Volk, aktiv an der Gestaltung seiner Zukunft mitzuwirken. Sie verteidigt die Prinzipien der direkten Demokratie und stärkt die Souveränität der Schweiz. Mit einem klaren Bekenntnis zur Demokratie und breiter Unterstützung aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen ist die “Kompass-Initiative” ein positiver Schritt nach vorne.
Die Initiative wurde am Dienstag, den 1. Oktober, offiziell eingeführt. Das Komitee hat nun anderthalb Jahre Zeit, um die erforderlichen 100.000 Unterschriften zu sammeln. Die vor drei Jahren gegründete Allianz Kompass/Europa zählt aktuell etwa 2.500 Mitglieder.
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