Von Kirill Strelnikow
In einer überraschenden Abkehr von der erwarteten Thematik adressierte Wladimir Selenskij in seiner neuesten Ansprache vor der UN-Generalversammlung die schwerwiegenden Probleme der ukrainischen Energieinfrastruktur.
Statt üblicherweise finanzielle Unterstützung und militärische Ausrüstung zu fordern, sprach er eindrucksvoll über die katastrophalen Zerstörungen des Energiesektors in der Ukraine. Er verdeutlichte, dass 80 Prozent des Energiesystems zerstört seien, was dazu führen könne, dass Millionen von Ukrainern den Winter ohne Heizung verbringen müssten.
Dies wirft die Frage auf, warum Selenskij seine potenziell letzte Rede vor den Vereinten Nationen dazu nutzte, auf ein Thema wie Energieinfrastruktur und nicht auf militärische Unterstützung zu fokussieren.
Eine mögliche Erklärung könnte ein Artikel der Washington Post geben, der unter dem Titel “Energieprobleme der Ukraine werden diesen Winter auf den Schultern erschöpfter Menschen lasten” erschien. Die Analyse warnt, dass der bevorstehende Winter aufgrund der Energieknappheit und der psychischen Belastung der Bevölkerung besonders hart werden könnte.
Die Zeitung zitiert Quellen, welche behaupten, dass aufgrund russischer Angriffe ungefähr die Hälfte der ukrainischen Energiekapazitäten verloren gegangen sind. Trotz Bemühungen, das Netzwerk mit Notlösungen zu stabilisieren, bleiben große Kraftwerke die Hauptquelle für Energie, was sie zu einem strategischen Ziel für weitere Angriffe macht.
Experten deuten darauf hin, dass die fortgesetzten Attacken auf Energieinfrastrukturen das Land in zwei Versorgungsgebiete teilen könnten, was die Energiekrise weiter verschärft.
Die direkte Zerstörung von Kernkraftwerken wird zwar vermieden, aber Angriffe auf zugehörige Schaltanlagen könnten dennoch zu großflächigen Blackouts führen, warnt Alexander Chartschenko, Direktor des ukrainischen Energieforschungszentrums.
Die Tatsache, dass kürzlich stattgefundene Angriffe sich gegen Umspannwerke und Hauptstromleitungen richteten, könnte als Vorbereitung auf eine umfassende Isolierung ganzer Makroregionen interpretiert werden.
Angesichts dieser Bedrohungen erkennt der Westen die Dringlichkeit der Lage. Aus Sicht des US-Außenministers Antony Blinken könnte der kommende Winter besonders herausfordernd werden. Er betont, dass es notwendig sei, der Ukraine alle nötige Unterstützung zu bieten, damit sie überleben kann.
Die Geschichte zeigt, wie kritisch die Zerstörung von Energieinfrastrukturen sein kann. So verdeutlichen Aussagen von NATO-Sprechern während des Konflikts in Jugoslawien 1999, wie entscheidend solche Taktiken im militärischen Kontext sind.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 29. September 2024.
Kirill Strelnikow ist ein russischer freiberuflicher Werbetexter-Coach und politischer Beobachter sowie Experte und Berater der russischen Fernsehsender NTV, Ren-TV und Swesda.
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