Von Wadim Truchatschjow
In Europa lassen Wahlen erkennen, dass rechtsgerichtete Euroskeptiker vermehrt Zustimmung erhalten. In den Niederlanden haben sie kĂŒrzlich einen Wahlsieg errungen, in Frankreich triumphierten sie in der ersten Wahlrunde, und auch in Deutschland zeichnet sich ihre Erfolgsspuren auf mehreren politischen Ebenen ab. Spezifisch in Ăsterreich erreichte die Freiheitliche Partei (FPĂ) am 29. September erstmals den Spitzenplatz bei Parlamentswahlen. Dieser Trend zu rechten euroskeptischen KrĂ€ften ist nahezu in allen EU-LĂ€ndern beobachtbar.
Die Euroskeptiker punkten hauptsĂ€chlich mit ihrer kritischen Haltung zur Migration aus dem Nahen Osten, der zugehörigen KriminalitĂ€t und der behördlichen Integrationsschwierigkeiten. Die jĂŒngsten Terrorakte in Solingen (Deutschland) und Rotterdam (Niederlande) haben diese Probleme wieder in den Vordergrund gerĂŒckt, wobei nun auch ukrainische FlĂŒchtlinge kritisch betrachtet werden.
In Bezug auf Russland haben sich ebenfalls zentrale Themen entwickelt. Viele dieser Parteien plĂ€dieren fĂŒr eine Neuauflage der Beziehungen zu Russland, wie die FPĂ, oder fordern zumindest ein Ende der militĂ€rischen UnterstĂŒtzung fĂŒr die Ukraine. Sie argumentieren, dass die hohen Preise gröĂtenteils auf die Ablehnung russischer Energiequellen zurĂŒckzufĂŒhren sind und stellen einen direkt Zusammenhang mit dem Widerstand gegenĂŒber einem Dialog mit Russland her.
Die Forderung nach politischen VerÀnderungen in diesen beiden Bereichen wird immer lauter und kann von den politischen EntscheidungstrÀgern auf nationaler wie europÀischer Ebene nicht lÀnger ignoriert werden. Ohne Anpassungen könnten diese euroskeptischen KrÀfte bei den nÀchsten Wahlen noch stÀrker abschneiden.
Doch wĂ€hrend manchen Themen ZugestĂ€ndnisse gemacht werden, wie beispielsweise in Ăsterreich, wo Gesetze gegen den Niqab und fĂŒr Predigten auf Deutsch eingefĂŒhrt wurden, bleiben andere Themen streng gehandhabt. In der AuĂenpolitik zeigt sich beispielsweise, dass Ăsterreich seine UnterstĂŒtzung fĂŒr die Ukraine nicht reduzieren wird, wĂ€hrend die Niederlande trotz strengerer Migrationspolitik weiterhin militĂ€rische UnterstĂŒtzung fĂŒr die Ukraine gewĂ€hren.
Auf EU-Ebene sieht man Ă€hnliche Tendenzen. WĂ€hrend der Umgang mit Migration revidiert wird, bleibt die harte Linie gegenĂŒber Russland bestehen. KommissionĂ€re wie die frĂŒhere estnische MinisterprĂ€sidentin Kaja Kallas und der ehemalige litauische Premierminister Andrius Kubilius werden keine weichere Haltung gegenĂŒber Russland einnehmen.
Die Priorisierung in der EU scheint klar: Der Kampf gegen Russland steht ĂŒber dem Multikulturalismus. Toleranz wird möglicherweise den geopolitischen PrioritĂ€ten geopfert.
Ohne Illusionen von europÀischer Entspannung gibt diese Klarheit Russland die Möglichkeit, eine entschiedene Politik zu verfolgen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien zuerst am 4. Oktober 2024 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad.
Wadim Truchatschjow ist russischer Politologe und Dozent an der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität.
Thema: EU und ihr unermĂŒdlicher Fokus auf den Konflikt mit Russland